Wie lange stillen? Die wichtigsten Infos für die ersten 5 Jahre ;-)

Wenn man die Stillzeit vom Anfang her betrachtet, kann einem die Zeit sehr lang vorkommen. Gerade aber wenn die ersten Probleme auftreten, oder wenn du zum zwölften Mal in der gleichen Nacht zum kurzen Nuckeln geweckt wirst, kann die Frage aufkommen: Wie lange stillen macht eigentlich Sinn?

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Ein Baby an der Brust, das sich sicherlich nicht fragt, wie lange stillen genug ist - es ist nie genug!
Viele Dinge haben Einfluss darauf, wie lange eine Frau stillt.
Foto von Timothy Meinberg auf Unsplash

Diese Fragen stellen sich viele Mütter – oft genau dann, trotz aller Vorteile des Stillens, wenn das Stillen nicht so gut klappt, wie es sollte.

Manche Frauen wollen nur kurz, andere wollen zwei Jahre lang stillen. Manche wollen deutlich länger, schämen sich aber leider, vor allem in der Öffentlichkeit. Wie lange es am Ende wird, weicht oft stark von den eigenen Plänen ab.

Um dir bei deiner Entscheidung zu helfen (und um dich zum Durchhalten zu motivieren, wenn es mal schwierig wird), stellen wir dir hier die weltweit wichtigsten „offiziellen“ Empfehlungen zur Stilldauer vor. Erst in den wichtigsten Infos kurz und knapp und dann ganz ausführlich.

Die 4 wichtigsten Infos

Sechs Monate ausschließlich stillen!

Die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation lautet, sechs Monate ausschließlich zu stillen und keine Flasche zusätzlich zu füttern und auch nicht früher die Beikost einzuführen.

Aber meine Kinderärztin sagt, ich soll schon nach vier Monaten Beikost einführen?

Das liegt daran, dass das Einführen der Beikost unter dem Schutz des Stillens, möglicherweise helfen kann, Allergien zu verhindern. Allerdings wird diese Empfehlung oft falsch verstanden: Denn sie wurde nur deshalb ausgesprochen, weil in Deutschland nur wenige Frauen volle 6 Monate stillen. Wenn du das halbe Jahr voll machst und dann weiterstillst, hast du den gleichen Schutzeffekt bezüglich der Allergien.

Und nach 6 Monaten soll ich abstillen?

Nein, das musst du überhaupt nicht. Die WHO empfiehlt, auch nach Einführung der Beikost weiterzustillen – und zwar bis zum zweiten Geburtstag deines Babys. Und darüber hinaus. Das kann sogar dazu führen, dass dein Baby im ersten Lebensjahr hauptsächlich Muttermilch trinkt und wenig Beikost isst. Das ist aber ein normales Verhalten. Mit zunehmendem Alter nimmt es dann immer mehr zu sich und ab dem ersten Geburtstag auch an der Familienkost teil.

Still solange du willst!

Nach oben hin sind dem Stillen keine Grenzen gesetzt – die Empfehlung lautet solange weiterzustillen, wie du und dein Kind es wollen. Natürlich nicht ausschließlich: Viele Langzeitstillende stillen nur noch wenige Male am Tag, oder nur noch einmal nachts, oder nur wenn das Kind krank ist – es geht dann nicht mehr so sehr um die Ernährung, sondern eher um die Nähe.

So weit so gut – jetzt geht es weiter mit den ausführlichen Infos.

Wie lange stillt man ein Baby? Empfehlungen der WHO

Die WHO (World Health Organization = Weltgesundheitsorganisation) gehört zu den Vereinten Nationen, dem größten Zusammenschluss von Staaten der Welt.

Ihre Aufgabe ist es, das bestmögliche Gesundheitsniveau für alle Menschen in ihren Mitgliedsstaaten zu verwirklichen und die Gesundheit aller Menschen der Welt zu fördern.

Da fast alle Staaten der Erde Mitglied bei der WHO sind, hat diese den Anspruch, für möglichst alle Staaten gleichsam geltende Empfehlungen auszusprechen –

Und auch für alle Staaten eine Antwort auf die Frage zu geben, wie lange stillen sinnvoll ist.

Die internationale Leitlinie

Die WHO hat deshalb schon vor Jahren eine wissenschaftlich basierte Leitlinie herausgegeben, die bis heute Bestand hat. Darin heißt es unter anderem:

  • Von der Geburt bis zum 6. Lebensmonat soll ein Baby ausschließlich gestillt werden
  • Erst nach 180 Tagen (also nach 6 Monaten) sollte Beikost eingeführt werden
  • Das Stillen soll über den Start der Beikost heraus fortgesetzt werden – bis zum zweiten Geburtstag oder sogar darüber hinaus. Und zwar häufig und nach Bedarf!

In ihrer Leitlinie bringt die WHO dann noch auf den Punkt, warum die empfohlene Stilldauer so wichtig ist:

Optimal breastfeeding is so critical that it could save the lives of over 820 000 children under the age of 5 years each year.

= Das optimale Stillen ist so wichtig, dass dadurch jedes Jahr 820.000 Leben von Kindern unter 5 Jahren gerettet werden könnten.

— WHO, 2001: Guiding principles for complementary feeding of the breastfed child
(Übersetzung von uns)

Manchmal gibt es kritische Fragen danach, ob diese Empfehlung für Europa so umgesetzt werden sollte. Beziehen sich diese Angaben nicht eher auf die Stilldauer in ärmeren Ländern oder Naturvölkern?

Wir denken nein:

Denn die WHO hat wie gesagt den Anspruch, für alle Länder anzugeben, wie lange das Stillen sinnvoll ist. Und da sind Deutschland, Österreich und die Schweiz miteingeschlossen.

Tatsächlich beruht die Empfehlung auch auf dem Schutz des Stillens vor Durchfall- und Infektionserkrankungen. Dieser Schutz besteht hier bei uns genauso.

Die Nationale Stillkommission

1990 haben die WHO und UNICEF gemeinsam die „Innocenti-Erklärung“ veröffentlicht, eine Erklärung, die das Stillen auf der gesamten Welt fördern soll.

Aus den Empfehlungen der Innocenti-Erklärung ist in Deutschland die „Nationale Stillkommission“ ins Leben gerufen worden. Diese besteht aus Wissenschaftler*innen, Kinderärzt*innen, Vertreter*innen der Stillverbände, der Hebammen und Geburtshelfer und Kinderkrankenpfleger*innen.

Ihre Aufgabe ist es, die Bundesregierung in Stillfragen zu beraten. Natürlich hat auch sie Stellungen dazu genommen, wie lange man stillen sollte und wie lange stillen normal und sinnvoll ist.

Die Stillkommission legt sich fest:

„In Deutschland [wird] ausschließliches Stillen in den ersten 4 bis 6 Monaten empfohlen. Auch wird empfohlen, Beikost (…) keinesfalls vor dem Beginn des 5. Monats und nicht später als zu Beginn des 7. Lebensmonats einzuführen und auch nach der Einführung von Beikost weiter zu stillen, so lange Mutter und Kind mögen“

Nationale Stillkommission

Da fällt uns auf: Entgegen der WHO-Empfehlung ist hier die Rede von einer Stilldauer von 4 bis 6 Monaten, statt dass 6 Monate voll gestillt werden sollte. Warum das so ist, klären wir weiter unten.

Mehrere bunte Plastiklöffel in verschiedenen Größen aufgereiht nebeneinander auf blauem Untergrund liegend.
Beikost: Nicht früher als nach 4, nicht später als nach 6 Monaten einführen.
Foto von Dstudio Bcn auf Unsplash

Kinderärztliche Empfehlungen

Auch die deutschen Kinderärzte der DGKJ und die amerikanische Academy of Pediatrics äußern sich zur optimalen Stilldauer:

Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ)

„Ausschließliches Stillen durch eine ausgewogen ernährte Mutter deckt den normalen Nährstoffbedarf eines gesunden Säuglings in den ersten 6 Lebensmonaten“

Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin

Stillen ohne Zufütterung in den ersten 4-6 Lebensmonaten sei die angemessene Ernährung für einen Säugling. Auch nach der Einführung der Beikost solle gestillt werden.

Jedoch sagt die DGKJ auch, dass „kürzeres Stillen oder teilweises Stillen mit Zufütterung von Säuglingsnahrung“ sinnvoll sei. Das kann man natürlich nicht von der Hand weisen: Auch Stillberater*innen sind sich einig, dass manchmal zugefüttert werden muss.

Manchmal. Selten. So selten wie möglich 🙂

Aber auch bei der DGKJ lautet der Fokus: Stillen in den ersten 4-6 Monaten ist das Beste für ein Baby.

Die American Academy of Pediatrics

Die American Academy of Pediatrics – also quasi der amerikanische Kinderärzteverband – hat in den USA 2012 eine Handlungsempfehlung zum Stillen und zur Stilldauer herausgegeben.

Und die lesen sich für jede Mutter, die gerne stillen möchte, wie das Rezept für den Lieblingskuchen:

Stillen und Muttermilch sind der Standard der Säuglingsernährung. Betrachtet man die Vorteile des Stillens, sollte die Ernährung von Säuglingen als Thema der öffentlichen Gesundheit betrachtet werden, und nicht als Lifestyle-Frage.

American Academy of Pediatrics, (übersetzt von uns)

Die AAP empfiehlt in diesem Sinne „etwa“ sechs Monate ausschließlich zu stillen, weiter zu stillen, wenn Beikost eingeführt wird, und das Stillen ein Jahr oder so lange fortzusetzen, wie Mutter und Kind es wünschen.

Also – wie lange solltest du stillen?

Du siehst also: Die offiziellen Empfehlungen unterscheiden sich wenig – weder weltweit, noch innerhalb von Deutschland.

Sie alle empfehlen ausschließliches Stillen von entweder 4 oder 6 Monaten. Was hat es mit diesen 4 Monaten auf sich?

Einfach zusammengefasst liegt dieser Unterschied in der sich teilweise widersprechenden Forschung und der Abwägung unterschiedlicher Vorteile begründet.

So gab es Hinweise darauf, dass das frühe Einführen von Beikost Vorteile in der Gewichtsentwicklung, dem Eisenhaushalt und der Allergie-Vorbeugung bringen könnte. Das ist allerdings nicht bewiesen, und neuere Studien zeigen wieder etwas anderes.

Das Ding ist, dass viele Babys so früh eh noch nicht für Beikost bereit sind. In unserer Familie beispielsweise haben genau 100% aller Babys die Beikost auch nach sechs Monaten – trotz vielfältiger Angebote – mehr oder weniger komplett abgelehnt.

Auch viele Babys, die durchaus Lust haben, sich mit Beikost zu beschäftigen, beziehen noch Monate nach dem 6. Lebensmonat ihre Kalorien hauptsächlich aus der Muttermilch. 

Egal jedoch, wie lange du stillen wirst – nach spätestens 6 Monaten sollte Beikost eingeführt werden, zumindest solltest du deinem Baby Angebote machen. Die Muttermilch wird mit der Zeit nicht schlechter – aber für den Nährstoffbedarf eines älteren Säuglings und Kleinkinds reicht sie allein meist doch nicht mehr aus.

Nach 6 Monaten also dann den Getreide, äh… Fleisch… welchen Brei nochmal?

Das sklavische Halten an Breipläne („Ersetzen Sie nach und nach eine Stillmahlzeit durch eine Breimahlzeit“) empfinden wir persönlich als wenig zielführend und für viele Familien sehr stressig, vor allem, wenn es nicht gleich klappt.

Da sind wir eher Freunde des baby-led weaning.

Ob du nach vier oder sechs Monaten startest, liegt bei euch. Höchstwahrscheinlich macht ihr mit beidem nicht viel falsch, und es kann Sinn machen, euch individuell von eurer Kinderärztin oder eurer Hebamme beraten zu lassen.

FAQ (Andere häufig gestellte Fragen):

Wie lange kann eine Frau maximal stillen?

Sehr lange. Die Milchproduktion beruht hauptsächlich auf der Nachfrage nach Muttermilch – das heißt, wie oft und wie viel ein Baby trinken möchte. Als es noch Ammen gab (also Frauen, die – oft gegen Geld – die Kinder anderer Mütter stillten), stillten diese teilweise Jahrzehnte. Es gibt sogar Berichte über eine Amme, die noch im Alter von 81 Jahren große Mengen Muttermilch produzierte.

Ich möchte nicht stillen – ist das okay?

Natürlich! Die gesundheitlichen Vorteile, die das Stillen für dich und dein Baby bietet, sind nicht außer Acht zu lassen, und diese ganze Website existiert dafür, dich darüber zu informieren und dir das Stillen zu erleichtern. Trotzdem werden auch ungestillte Kinder in aller Regel groß, stark und gesund und haben eine gute Bindung zu ihrer Mutter. Wir sind überzeugt, dass die Entscheidung für oder gegen das Stillen intim und persönlich für jede Mama ist und niemand für seine Entscheidung verurteilt werden sollte (auch nicht von sich selbst).

Stillen und arbeiten: Welche Stillzeiten sind im Mutterschutzgesetz vorgesehen?

In den ersten zwölf Monaten nach der Geburt hast du gesetzlichen Anspruch auf mindestens eine Stunde Stillpause, entweder am Stück oder aufgeteilt in zwei Pausen. Frauen, die auch nach einem Jahr noch häufig stillen, können da Probleme kriegen.

Hier erfährst du mehr zum Thema.

Zusammenfassung

Die Expert*innen sind sich einig:

  • Du darfst so lange stillen, wie du magst
  • Frühestens nach 4 Monaten sollte Beikost eingeführt werden
  • Spätestens nach 6 Monaten sollte Beikost eingeführt werden
  • Nach der Einführung der Beikost sollte weitergestillt werden

Uneinigkeit herrscht nur bei der Frage, ob nach 4 oder 6 Monaten Beikost eingeführt werden sollte. Stillexpert*innen empfehlen hier ganz klar 6 Monate. Im Einzelfall kann es auch früher sinnvoll sein.

Viele Frauen möchten sich an diese Empfehlungen halten – aber etwas hindert sie daran: Schmerzen, das Baby will nicht an die Brust, sie muss arbeiten gehen, usw. Wenn du weiterstillen möchtest, aber ein Problem hast, kann eine Stillberatung genau das richtige für dich sein.

Quellen: Alle Quellen, die für diesen Artikel genutzt wurden, sind direkt im Text verlinkt

* Hierbei handelt es sich um Affiliate-Links: Wir verdienen einen kleinen Prozentsatz vom Umsatz, wenn du etwas über den Link kaufst. Für dich selbst wird der Einkauf dadurch nicht teurer. Den Dampfgarer haben wir nicht selbst getestet, aber wir machen für Baby Nummer 3 unseren Brei selber. Ein Gerät dafür zu haben, was alle nötigen Schritte übernimmt, ist sehr sinnvoll. Die beiden Bücher zur Beikost und zum Baby-led weaning haben wir selber noch nicht gelesen.

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