Milchstau: Symptome, Ursachen, Therapie

AutorInnen: Anastasia Heimann, IBCLC, und Dr. Tobias Heimann, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin
erstellt: 07.05.2021
letzte Überarbeitung: 10.02.2025

Deine Brust ist gerötet, druckschmerzhaft und überwärmt? Hast du vielleicht sogar ein bisschen Fieber? Dann könntest du einen Milchstau haben!

Schematische Illustration einer entzündeten Brust im Querschnitt, daneben eine Straße mit sich stauenden Milchgläsern vor einer roten Ampel
Bei einem Milchstau kommt die Milch nicht richtig aus der Brust – oder? Was es damit wirklich auf sich hat, wie ein Milchstau entsteht und was du dagegen tun kannst, lernst du in diesem Artikel.

Sei beruhigt: Ein Milchstau ist an sich nicht sehr gefährlich. Du solltest aber rasch und überlegt handeln, die Entzündung nicht fortschreitet oder sich sogar ein Abszess entwickelt. Auch ein ungewolltes vorzeitiges Abstillen ist möglich.

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Hier erfährst du, was ein Milchstau genau ist, wie er entsteht und ob du jetzt abstillen musst (Spoiler-Alarm: Nein, musst du nicht ?) und du erhältst eine Menge Tipps, damit du noch lange entspannt weiter stillen kannst.

Dieser Artikel ist sehr lang! Wenn er dir zu lang ist: Am Ende findest du eine Zusammenfassung.

Los geht’s!

Die wichtigsten Punkte vorab

Was ist ein Milchstau? Ein Milchstau ist eine entzündliche Reaktion in der Brust, die v. a. durch den Austritt von Milch ins Gewebe verursacht wird. Er tritt häufig in den ersten Wochen nach der Geburt auf und kann zu Schmerzen, Rötung und Schwellung führen.

Was ist die Hauptursachen? Die Grundursache liegt wahrscheinlich in einer Dysbiose, also einem Ungleichgewicht der normalen Bakterienflora in den Milchgängen. Begünstigt werden kann er durch u. a. falsche Anlagetechnik, Stress, mechanischen Druck (z. B. enger BH).

Welche Symptome treten auf? Typische Anzeichen sind lokale Schmerzen, eine verhärtete oder gerötete Stelle in der Brust, leichte Überwärmung, ein mögliches weißes Bläschen auf der Brustwarze und eine Körpertemperatur unter 38,4°C.

Abgrenzung zur Mastitis: Ein Milchstau kann sich unbehandelt zu einer bakteriellen Brustentzündung (Mastitis) weiterentwickeln. Anhaltendes Fieber und ein starkes Krankheitsgefühl sind Anzeichen für eine Mastitis, die antibiotisch behandelt werden muss.

Therapieempfehlungen: Schonende Maßnahmen wie kühlende Umschläge, Ibuprofen zur Entzündungshemmung, Lecithin und Probiotika zur Stabilisierung der Brustflora sowie eine bedarfsgerechte Entleerung der Brust können helfen.

Was vermieden werden sollte: Tiefe Brustmassagen oder übermäßiges Abpumpen können das Problem verschlimmern. Auch zu enge Kleidung oder das Hantieren an Milchbläschen sollte unterlassen werden.

Stillen bei Milchstau: Das Weiterstillen ist wichtig und unbedenklich. Ein abruptes Abstillen kann das Risiko einer Mastitis erhöhen.

Wann zum Arzt? Falls die Symptome innerhalb von 24 Stunden nicht abklingen, sich verschlimmern oder hohes Fieber auftritt, sollte dringend eine ärztliche Untersuchung erfolgen.

Vorbeugung: Eine richtige Anlagetechnik, regelmäßiges Stillen nach Bedarf, das Vermeiden von Druck auf die Brust sowie der Einsatz von Lecithin oder Probiotika können helfen, Milchstau vorzubeugen.

Individuelle Beratung: Bei Unsicherheiten oder wiederkehrenden Problemen sollte eine Stillberaterin, Hebamme oder Ärztin konsultiert werden.

Was ist überhaupt ein Milchstau?

Du weißt vielleicht, dass deine Brust zwischen 4 und 18 Milchgänge hat: Sie alle sammeln Milch aus den milchproduzierenden Zellen und leiten sie in Richtung der Brustwarze, wo sie dann im Mund deines Babys landet.

Bild einer Brust von der Seite, schematische Einzeichnung von Milchgängen und Milchdrüsen
Schematisch kannst du dir das so vorstellen: In den hellrosa „Läppchen“ wird die Milch produziert. Diese sind überall im Brustgewebe verteilt. Kleine Gänge transportieren die Milch von dort in immer größere Milchgänge – die dann die Milch zur Brustwarze liefern.

Wenn sich die Milch nun staut – aus Gründen, auf die wir gleich eingehen – dann kann sich die gestaute Milch zwischen den Zellen des Milchganges hindurchquetschen und landet im Bindegewebe.

Dies kann zu einer lokalen Entzündung führen – mit den typischen Symptomen Schwellung, Rötung, Schmerz (wir gehen weiter unten genauer darauf ein). Oft passiert das nur in einem Brustareal, es kann aber auch die ganze Brust betroffen sein.

Meistens tritt ein Milchstau in den ersten 12 Wochen nach Geburt auf, der Häufigkeitsgipfel liegt bei drei bis vier Wochen nach der Geburt. Er kann aber auch später auftreten. bei manchen Frauen kommt es leider sogar zu wiederkehrendem Milchstau.

Ursachen

Die Gründe, warum es bei manchen Frauen schneller zum Milchstau kommt, sind nicht ganz verstanden. Zudem besteht – auch unter Stillberaterinnen – oft ein falsches Verständnis des „Staus“ der dort entsteht. Klassischerweise werden folgende Gründe als Ursache genannt:

  1. Deine Brust wird zu selten entleert
  2. Die Anlagetechnik muss verbessert werden
  3. Unsicherheit, Stress und Schmerzen
  4. Es liegt ein mechanisches Problem vor
  5. andere Gründe
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Wir gehen gleich auf all diese Gründe ein, aber vorher müssen wir nochmal genauer auf die wissenschaftliche Evidenz schauen, die sich in den letzten Jahren ergeben hat.

Ein Milchstau ist eine Brustentzündung!

Das, was wir in Deutschland als Milchstau bezeichnen, wird im Englischen mittlerweile meistens „inflammatory mastitis“ genannt, also „entzündliche Mastitis“, was aus unserer Sicht zwar nicht besonders klug ist (denn „Mastitis“ bedeutet „Brustentzündung“, und somit haben wir eine „entzündliche Brustentzündung“), aber nun mal den derzeitigen Wissensstand abbildet.

Somit gerät der Milchstau in die gleiche Schublade wie die eigentliche Brustentzündung – er ist quasi ein Vorläufer der Mastitis. Dass die beiden unmittelbar zusammenhängen, ist schon lange bekannt: So wird ein Milchstau meistens durch Allgemeinmaßnahmen behandelt (wir stellen das unten genauer vor), wenn sich die Symptome aber nach 1-2 Tagen nicht bessern, wird ein Antibiotikum verschrieben, damit sich keine Mastitis entwickelt bzw. um eine schon bestehende Mastitis zu behandeln.

Dabei war es schon immer schwer, zwischen den beiden zu unterscheiden: Wann ist es noch Milchstau, wann fängt die Mastitis an? Im Licht der aktuellen Erkenntnisse ist das nicht schwer zu verstehen, denn bei beiden Krankheiten – Milchstau und Mastitis – handelt es sich im Prinzip um die gleiche Erkrankung, nämlich eine Entzündung von Teilen der Brustdrüse. Eine „Entzündung“ ist nichts anderes als eine Abwehrreaktion des Immunsystems, bei der es zu entzündlichen Symptomen kommt: Rötung, Schwellung, Schmerz, Überwärmung und eingeschränkte Funktion.

Illustration, die die 5 Entzündungszeichen nochmal symbolisch verdeutlicht

Aber woher kommt diese Entzündung? Wahrscheinlich ist am häufigsten eine Dysbiose für die Erkrankung zuständig. Das bedeutet, dass – warum auch immer – das Gleichgewicht der normalen Bakterien in den Milchgängen verändert. Denn in jeder Brust wohnen Bakterien und kleiden die Milchgänge aus. Vermehrt sich dort eine Bakteriensorte ganz stark, kann es zu einer Verengung des Milchgangs kommen. Die Milch fließt schlechter und tritt sogar ins Gewebe aus, was Entzündungszellen herbeiruft, die dann zu den typischen Milchstau-Symptomen führen.

Bei der „echten“ Mastitis kommt allerdings eines dazu: Krankmachende Bakterien, die in das bereits entzündete Gewebe einwandern und sich dort vermehren, was die Symptome deutlich verschlimmern lässt.

Die folgenden Gründe können die Entstehung eines Milchstaus fördern:

1. Zu seltenes Stillen

Vielleicht wurde dir im Krankenhaus gesagt: Ein Neugeborenes sollte alle 4 Stunden an die Brust. Er kann auch mal etwas länger schlafen, und wenn er sich häufiger meldet, dann bitte, gerne.

Aus Sicht der meisten Stillberaterinnen ist das kritisch zu betrachten.

Alle 4 Stunden zu stillen würde bedeuten, dass dein Baby pro Tag nur 6 Mal an die Brust kommt. Jetzt Achtung: In den ersten Tagen sollte es viel öfter dran. Und zwar bis zu 12 Mal. Oder sogar noch öfter, wenn dein Baby es möchte.

Diesen Tipp geben wir dich nicht, um dich zu ärgern.

Denn:

Tatsächlich reguliert sich die Milchmenge in deiner Brust nach dem Baby – je häufiger es trinkt, oder besser: Je häufiger deine Brust leer ist, desto mehr Milch bildest du.

Ein Schaubild, das den Zusammenhang zwischen hoher und niedriger Trinkmenge des Babys bezogen auf die Milchproduktion darstellt.
Ein wenig vereinfacht dargestellt: Der Bedarf des Kindes regelt das Milchangebot. Besonders wichtig ist dies in den ersten Tagen und Wochen.

Richtig stillen kann anstrengend sein.

Zum Glück müssen in späteren Wochen die meisten Babys nicht 12 Mal pro Tag an die Brust, damit die Milchmenge sich reguliert (wobei: gerade in Phasen des Clusterfeeding kann das aber doch wieder passieren).

Trotzdem schleichen sich häufig auch bei etwas älteren Babys längere Stillpausen ein:

Da genießt du es auch mal (völlig verständlich), wenn dein Baby nachts ausnahmsweise 6 Stunden schläft. Oder dass es sich mit dem Schnuller beruhigen lässt, obwohl es langsam wieder „dran ist“. Oder dass der Papa nachts mal die Flasche gibt.

Und so kann es dann eben passieren, dass die Abstände zu lang und deine Brust zu selten entleert wird: Eine Möglichkeit, dass die Brust zu stark mit Milch gefüllt wird. Häufig fühlt sich die Brust dann schon überwärmt und voll, oft schmerzhaft an, was dazu beitragen kann, dass ein Milchstau entsteht.

2. Falsche Anlagetechnik

Manchmal wird diskutiert, dass die falsche Anlagetechnik einen Milchstau hervorrufen kann, z. B. auch über den „Umweg“ wunder Brustwarzen.

Vielen Frauen wird das Anlegen nach der Geburt nicht richtig gezeigt, woraufhin das Baby in den kommenden Wochen die Brust ineffektiv entleert – es kann einfach nicht genug Milch entleeren, weil die Technik nicht ganz passt. Es ist auch möglich, dass bei deinem Kind (oder bei deiner Brust) eine anatomische Variante vorliegt, die das Trinken trotz guter Anlegetechnik erschwert. In der Theorie könnte das ebenfalls dazu führen, dass sich Milch in der Brust staut.

Wir halten das aber für unwahrscheinlich: Denn durch die dauerhaft verringerte Trinkmenge, reguliert sich – Angebot und Nachfrage – auch die Milchmenge mit der Zeit herunter.

3. Unsicherheit, Stress und Schmerzen  

Klar, ein Baby macht Stress. Du schläfst nicht, es schreit, die ungebetene Verwandtschaft kommt – soweit, so normal.

Alle Eltern haben Stress, aber nicht alle Eltern haben gleich viel Stress. Bei manchen kommen weitere Probleme dazu, vorbestehende psychologische Probleme, überzogene Erwartungen.

Vielleicht hast du noch mit der Kaiserschnittnarbe zu kämpfen, oder deine Anspannung setzt sich in Kopfschmerzen und Muskelverspannung um. Oder dir tut einfach die Brustwarze weh – vielleicht wegen der falschen Anlagetechnik.

Das Problem mit dem Stress in der Stillzeit: Es kann den Milchspendereflex behindern. Du weißt nicht, was das ist? Gut, dass du fragst:

Beim Milchspendereflex wird durch das Zusammenziehen kleinster Muskeln um die Milchbildungszellen die Milch vom Ort der Entstehung zur Brustwarze transportiert. Dieser Reflex läuft automatisch ab: Ausgelöst wird er u. a. durch das Saugen an der Brust durch dein Baby. Wir haben einen ausführlichen Artikel dazu, falls du es genauer wissen willst.

So könnte eben auch übermäßiger Stress zu Milchstau führen. Wir kommen darauf zurück.

4. Milchstau aus mechanischen Gründen

Ein zu enger BH. Eine zu enges Tragesystem oder Tragetuch. Sogar ein zu häufig getragener, zu enger Anschnallgurt kann den Fluss in der Brust einschränken und zu entzündlichen Symptomen, eben zu einem Milchstau führen. In der Praxis ist das unseres Erachtens eher selten der Grund.

Exkurs: Der „verstopfte Milchgang“: Ein weißes Bläschen auf der Brustwarze, ein sogenanntes „Milchbläschen“ – manchmal auch etwas gelblich – kann Ausdruck eines „verstopften Milchgangs“ sein. Man liest immer wieder Erfahrungsberichte von Frauen, die an diesem weißen Punkt „rumgeknibbelt“ haben, um ihn zu entfernen, ehe sich dann ein Fluss an Milch aus der Brust entleerte, oder aber ein längliches, schleimiges Stück vermeintlich „geronnene“ Milch entleert. Diese Frauen geben eine umgehende Schmerzlinderung an. Wir raten dir dringend dazu, nicht selbst an deiner Brust zu manipulieren, wenn du so einen weißen Punkt bemerkst. Oft wurde ein solches Milchbläschen als Ursache für einen Milchstau gesehen – der Milchgang ist verstopft, die Milch kann nicht abfließen. Viele Expertinnen glauben aber inzwischen, dass ein solches Milchbläschen Ausdruck der inneren Dysbiose ist, also dass es nicht die Ursache für einen Milchstau darstellt, sondern eher ein weiteres Symptom des inneren Bakterienungleichgewichts bzw. der Entzündung. Du solltest das unbedingt professionell angucken lassen (Gynäkologin, Stillberaterin, Hebamme). Das Hantieren mit einer Nadel oder ähnlichem kann schnell zu ungewollten Verletzungen und dann zu einer Infektion führen.

5. Andere Gründe für Milchstau

Es gibt eine Reihe anderer Situationen, die einen Milchstau begünstigen können, die wir hier nur kurz anreißen wollen.

  • Wunde Brustwarzen: Wie oben bereits erwähnt können wunde Brustwarzen einen Milchstau begünstigen, meist über den Zusammenhang „Schmerz und Stress“ zu „verringertem Milchspendereflex“ und dem (vielleicht angstbedingten) selteneren Anlegen. Oft sind sich auch Ausdruck einer falschen Anlagetechnik, die wiederum über die unvollständige Entleerung zum Milchstau führen kann
  • Luftzug und Unterkühlung: Mitunter wird auch eine kalte Brust oder ein kalter Luftzug für Milchstau verantwortlich gemacht.
  • Brustanomalien: Wenn du eine Brustoperation hinter dir hast, ein Nippelpiercing trägst oder ähnliches, kann das ebenfalls einen Milchstau begünstigen.

Symptome

Oben klangen die wichtigsten Symptome des Milchstaus schon mal an, aber wir wollen sie dir noch etwas genauer beschreiben.

Nicht alle Symptome müssen gleichzeitig vorliegen, damit es sich um einen Milchstau handelt, aber einige sind einfach typisch und sollten möglichst früh beachtet werden, um einen beginnenden Milchstau rasch entgegenzutreten.

Einen Milchstau erkennen

Folgende Symptome sprechen für einen Milchstau:

(nach der S3-Leitlinie „Therapie entzündlicher Brusterkrankungen in der Stillzeit“):

  • Rötung
  • Schmerzen
  • Verhärtung (z. B. als „Knoten“)
  • Keine oder nur leichte Überwärmung der betroffenen Stellen
  • Kein Fieber (<38,4°C)
  • Gutes Allgemeinbefinden
  • In aller Regel nur eine Seite betroffen
  • Manchmal weißes Bläschen auf der Brustwarze

Nicht alle dieser Symptome müssen bei dir bestehen! Manchmal ist es nur ein einzelnes Symptom, vielleicht Schmerzen, vielleicht ein Knoten, der auf einen beginnenden Milchstau hinweist.

Sehen wir uns ein paar dieser Symptome mal genauer an.

Rötung / Rote Flecken auf der Brust

Wenn von der Seite in deine Brust hereinschauen könntest, würde es wohl so aussehen, als würden Wurzeln von der Brustwarze in die Tiefe verlaufen.

Irgendwann werden wir uns beim #teammuttermilch auch eine richtige Grafikerin leisten können 😉

Die „Wurzeln“ sind die Milchgänge. Wie oben schon beschrieben, sitzen an ihrem Ende kleine Bläschen, an denen die Milch produziert wird. Die Milchgänge leiten die Milch nach vorne, wo sie an verschiedenen Stellen austreten.

Stell dir vor, einer dieser Milchgänge ist verstopft oder kann aus anderen Gründen nicht richtig entleert werden: Ein Milchstau entsteht, die Milch läuft ins Gewebe. Dies führt zu Symptomen genau da, wo die Milch ausgetreten ist.

Eines dieser Symptome kann eine Rötung sein – und weil meist nur ein Milchgang betroffen ist, ist die Rötung oft nur an einer Stelle. So ungefähr kann das aussehen:

Die Rötung muss gar nicht besonders stark ausgeprägt sein. Der Stau kann im Prinzip in jeder Region auftreten – es gibt auch Milchstau unter der Achsel.

Schmerzen

Auch Schmerzen sind ein typisches Symptom einer Entzündung. Beim Milchstau sollten die Schmerzen jedoch wenig ausgeprägt und erträglich sein. Auch ein Milchstau ohne Schmerzen ist nicht selten.

Solltest du Schmerzen haben, befinden sich diese typischerweise auch nur im betroffenen Areal, mitunter kann es aber auch darüber hinaus weh tun.

Knoten

Wenn beim Stillen deine Brust hart ist oder du lokale Verhärtungen spürst, kann auch dies auf einen Milchstau hindeuten.

Verhärtungen in der Brust, manchmal auch als „Knoten“ bezeichnet, sind natürlich ein alarmierendes Signal, wo vielen Frauen erstmal bösartige Erkrankungen einfallen. Es ist also ganz normal, erst einmal beunruhigt zu sein.

Jedoch gibt es noch viele andere Gründe, die (nicht nur bei Stillenden) zu Verhärtungen führen können: Und dazu gehört eben auch der Milchstau. Die harten Stellen können ein Areal der Brust betreffen, aber auch die ganze Brust. Gerade in Verbindung mit den anderen hier genannten Symptomen können sie auf einen Milchstau hindeuten, sie können aber auch das einzige Symptom darstellen, gerade dann, wenn der Milchstau erst beginnt.

Falls du dir Sorgen machst: So ein Knoten in der Brust beim Stillen ist deutlich häufiger nicht schlimm, als dass er doch schlimm ist. Aber keine Gynäkologin der Welt sollte es dir übel nehmen, wenn du sowas lieber einmal häufiger abklären lässt, als nötig.

Achtung: Eine manchmal katastrophal endende Fehlinformation, der viele Beraterinnen, Hebammen und andere Expertinnen im Gesundheitswesen erliegen, ist, dass es sich beim Milchstau um einen sichtbaren „Propf“ handelt, der durch eine Brustmassage ausmassiert werden kann. Dazu musst du wissen, dass Milchgänge mikroskopisch klein sind und in sehr großer Zahl vorliegen. Zwar konfluieren sie teilweise Richtung Brustwarze, das heißt sie vereinigen sich zu größeren Gängen. Allerdings liegt die Ursache der Entzündung – die Dysbiose mit der Einengung und der Flussverringerung dem Austritt von Milch ins Gewebe – auf der mikroskopischen Ebene vor. Es gibt also keinen Propf, der ausmassiert werden kann! Eine sanfte Brustmassage kann zwar entlastend sein und den Milchfluss anregen. Aber eine schmerzhafte Brustmassage sollte nie bei entzündlichen Symptomen angewendet werden, da sie die Entzündung noch verstärkt und einen großen Risikofaktor für einen Brustabszess darstellt!

Fieber bei Milchstau

Fieber ist das Zeichen einer systemischen Reaktion, also eine Reaktion, die den ganzen Körper betrifft. Vereinfacht gesagt: Dein Organismus merkt, dass da etwas im Busch ist, das Immunsystem ist in Habacht-Stellung!

Der Körper reagiert mit Fieber auf Bakterien, Viren, auf Autoimmunerkrankungen und viele andere mögliche schädliche Einflüsse. Fieber ist in den meisten Fällen eine gesunde Reaktion, die zur Abwehr gerade von Mikroorganismen beiträgt.

Der Übertritt von Milch in das Brustgewebe aktiviert ebenfalls das Immunsystem und kann zu erhöhter Körpertemperatur führen.

Es gibt sehr viele unterschiedliche Definitionen von Fieber, also bei wie viel Grad es anfängt, davon sollten wir uns aber nicht verwirren lassen.

Eine Hand hält ein Fieberthermometer
Sicher sind wir uns: 37,0°C ist kein Fieber.
Foto von Winel Sutanto auf Unsplash

Typischerweise ist die Temperatur bei Milchstau nicht besonders hoch. Viele Autorinnen sprechen von einer Grenze von 38,0°C, viele von 38,4°C – diese Temperaturen sprechen also noch nicht für eine bakterielle Brustdrüsenentzündung.

Die systemische Reaktion kann auch zu weiteren Symptomen führen: So sind Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Gliederschmerzen und andere Beschwerden, die du sonst vielleicht von grippalen Infekten kennst, keine Seltenheit. Insgesamt sollte dein Allgemeinbefinden aber nicht zu stark eingeschränkt sein – dann könnte es sich doch um eine Brustentzündung handeln.

Milchstau oder erste Symptome einer Brustentzündung?

In der Praxis ist es nicht einfach, einen Milchstau von einer Brustentzündung (Mastitis) abzugrenzen. Die Symptome ähneln sich und können sich auch überschneiden. In der Übersicht siehst du, was eher für eine Brustentzündung spricht und was eher für einen Milchstau.

Spricht eher für MilchstauSpricht eher für Mastitis
örtliche Schmerzen, Spannungsgefühllokal starke Schmerzen
Körpertemperatur < 38,4°C, gutes AllgemeinbefindenFieber, allgemeines Krankheitsgefühl
lokale Schwellung, leichte Überwärmung und Rötungdeutlich ausgeprägtere lokale Schwellung, Überwärmung, Rötung
Beruhend auf der AWMF-Leitlinie „Therapie entzündlicher Brusterkrankungen in der Stillzeit“

Einer Brustentzündung geht ein Milchstau oft voraus. Der Übergang ist dabei fließend, es ist schwierig, mit Sicherheit den Moment des Übergangs festzulegen. Dabei kommt es dann oft zu einem Dilemma:

  • Einerseits will ich einen „einfachen“ Milchstau nicht mit Antibiotika behandeln, weil es nichts bringt und sinnlose Antibiotika möglichst immer vermieden werden sollten
  • Andererseits muss eine bakterielle Mastitis immer mit Antibiotika behandelt werden, weil sonst u. a. ein eitriger Abszess droht, der einen chirurgischen Eingriff an der Brust nötig macht.

Es besteht also immer die Gefahr, entweder zu früh oder zu spät mit dem Antibiotikum zu beginnen.

Balkendiagramm mit fließendem Farbverlauf um den fließenden Übergang vom sicheren Milchstau zur sicheren Mastitis deutlich zu machen.
Der Übergang vom Milchstau zur Mastitis ist fließend und kann nicht immer sicher bestimmt werden – auch von Profis nicht.

Um dieses Dilemma zu lösen, wird es in der Regel so gehandhabt: Wenn die Symptome des Milchstaus 24 Stunden (manchmal auch 48 Stunden) anhalten, geht man vorsichtshalber von einer Brustentzündung aus und gibt dann Antibiotika. Das vor allem, wenn vernünftige Maßnahmen gegen den Stau keinen Erfolg gebracht haben.

Diese Maßnahmen schauen wir uns jetzt genauer an.

Therapie: Was tun?

Du musst auf jeden Fall handeln!

Wenn du wartest und gar nichts tust, ist die Chance groß, dass der Milchstau sich nicht von alleine bessert und die Situation zu einer waschechten, bakteriellen Mastitis fortschreitet.

Du hast mehrere Möglichkeiten, um den Milchstau zu behandeln und um Probleme möglichst schnell zu beheben.

Die schauen wir uns jetzt mal genauer an. Der folgende Teil stammt, etwas angepasst, aus unserem E-Learning zur Weiterbildung von Stillberaterinnen. Vielleicht ist das ja auch etwas für dich? Sieh dich gerne um auf elearning-stillberatung.de

Übersicht über Basismaßnahmen bei Erkrankungen aus dem mastitis-Spektrum

Was empfohlen werden kann

Alle Mütter, die eine Erkrankung aus dem Mastitis-Spektrum haben, profitieren von allgemeinen Maßnahmen.

  • Medikamente: Ein Milchstau kann weh tun und uach Fieber mit sich bringen. Es ist wichtig, diese Beschwerden ernst zu nehmen und der Mutter durchaus auch eine medikamentöse Therapie zu empfehlen. Gerade Ibuprofen, mit seiner zusätzlichen anti-entzündlichen Wirkung, ist bei einem Milchstau von Vorteil. Schmerzmittel können den Milchspendereflex erleichtern und mindern Stress, welcher wie gesagt ebenfalls zur Aufrechterhaltung der Beschwerden beitragen kann. Solange keine Allergien, Unverträglichkeiten oder andere kontraindizierende Erkrankungen vorliegen, ist Ibuprofen das Schmerzmittel der Wahl in der Stillzeit (Embryotox, 2024), hier solltest du aber bitte auf jeden Fall Rücksprache mit deiner Stillberaterin, Hebamme oder Frauenärztin halten.
  • Kälte / Wärme: Generell lautet die Empfehlung, eher kühlende Umschläge (oder spezielle Kühlkissen für die Brust) anzuwenden, da die Brust dadurch eher abschwellen kann. Wärme könnte theoretisch zu einer noch gesteigerten Durchblutung und Schwellung führen, allerdings empfinden manche Mütter die Wärme bei einer Mastitis als wohltuend, weshalb sie auch für die symptomatische Therapie in Frage kommt.
  • Lecithin: Lecithin ist ein Sammelbezeichnung für verschiedene Arten von Lipiden (Fetten), die als Emulgator wirken. Sie finden sich in fast allen lebenden Geweben, werden vielseitig in Lebensmitteln eingesetzt und auch schon seit langem bei Stillproblemen. Es gibt zwar keine Studien, dafür aber viele Erfahrungsberichte dafür, dass Lecithin bei Milchstau und Mastitis helfen kann, vor allem dann, wenn diese immer wieder auftreten. Wenn Lecithine bei Mastitis wirken würden (was, wie gesagt, nicht bewiesen ist), dann würde das bedeuten, dass durchaus ein „milchverklumpender“ Effekt vorliegen könnte, der zur Symptomatik beiträgt. Die empfohlene Dosis der ABM liegt bei 5-10 g Sonnenblumen-Lecithin pro Tag. Nancy Mohrbacher empfiehlt, mit 3-4 Kapseln à 1200mg am Tag zu starten. Bei ausbleibender Besserung auf bis zu 10g erhöhen, bei Besserung langsames ausschleichen um 1 Kapsel nach jeweils Woche.
    Als Nebenwirkung kann es zu Durchfall kommen, weitere sind eher unwahrscheinlich, solange keine Allergien vorliegen.
    Mehr Infos haben wir in einem gesonderten Artikel zur Lecithin in der Stillzeit.
  • Probiotika: Darmbakterien gelangen überall hin – auch wenn wir noch nicht ganz verstanden haben, wie. Es scheint, als würden sie auch in die Brust gelangen (die sogenannte „Darm-Brust-Achse“) und das dortige Mikrobiom zu beeinflussen (Rodríguez, 2021). Es ist möglich, dass die Einnahme von Probiotika durch die Mutter auf diesem Wege eine Dysbiose des Milchgangsystems positiv beeinflussen kann. Nachweise dafür gibt es nicht – wie so häufig, leider. Trotzdem kann gerade Müttern mit wiederkehrenden Mastitis-Symptomen die Einnahme von Probiotika durchaus empfohlen werden, da kaum Nebenwirkungen zu erwarten sind. Die ABM-Leitlinie empfiehlt Präparate mit Limosilactobacillus fermentum (früher Lactobacillus fermentum) oder besser noch Ligilactobacillus salivarius (früher Lactobacillus salivarius).
Mikrobielle Darm-Brust-Achse? Illustrtion dazu (Bakterium im Mund über Darm zur Brust)
Wahrscheinlich gibt es eine Darm-Brust-Achse im Körper, bei der Bakterien aus dem Darm z. B. via Lymphgefäßen in die Brust gelangen

Unsere eigene Erfahrung hat gezeigt, dass die Kombination aus Lecithin und Probiotika bei wiederkehrenden Brustentzündungen helfen kann: Unter der Einnahme kam es zu keinen weiteren Episoden. Kaum wurden die Präparate abgesetzt, trat die nächste Mastitis auf. Allerdings lässt sich aus diesen Einzelfällen natürlich leider keine Allgemeingültigkeit ableiten.

  • Weitere Maßnahmen: Die ABM-Leitlinie empfiehlt auch weitere nicht gut evidenzbelegte therapeutische Maßnahmen zu erwägen. Dazu gehören der therapeutische Ultraschall, sowie eine Lymphdrainage. Beide Punkte werden von Pamela Douglas recht stark kritisiert, weil es keinerlei Beleg für die erwünschte Wirkung gebe (Douglas, 2023) und solche Maßnahmen für Patientinnen zusätzlichen Aufwand und finanzielle Investition bedeuten, ohne dass eine Besserung dadurch zu erwarten wäre. (Abgesehen davon, dass viele Frauen in Deutschland Probleme haben werden, jemanden zu finden, der diese Maßnahmen durchführt).

Was vermieden werden sollte

Neben diesen generellen Maßnahmen, die hilfreich sein können gibt es auch einige Dinge, die besser vermieden werden. Auch hierfür ist die Evidenz eingeschränkt, es handelt sich jedoch teilweise auch um „althergebrachtes“ Wissen, mit dem viele Beraterinnen gut gefahren sind.

  • Tiefe Brustmassagen: Dies ist der wohl wichtigste Tipp, den wir zwar oben schon erwähnt haben, aber hier unbedingt nochmal wiederholen wollen: Bei manchen Therapeutinnen besteht der Glaube, dass ein „Propf“ als Auslöser eines Milchstaus oder einer Mastitis „ausmassiert“ werden kann. Dies widerspricht dem Fakt, dass es keine makroskopisch sichtbaren „Propfe“ in einem einzelnen Milchgang gibt: Milchgänge sind sehr dünn, stark verzweigt, und die vermutete Pathophysiologie der Dysbiose muss davon ausgehen lassen, dass ganze Areale, mitnichten ein einzelner Gang betroffen ist. Abgesehen davon jedoch, dass die exzessive Massage als therapeutische Maßnahme nicht sinnvoll ist, ist sie auch hochgefährlich: Uns ist ein Fall bekannt, bei dem eine Hebamme mehrere Stunden an der Brust einer Frau mit Mastitis massiert hat (was schon allein sehr schmerzhaft ist), die daraufhin schwerste Abszesse entwickelt hat. Die starke Brustmassage einer bereits vorgeschädigten Brust führt zur Zerstörung von Kapillaren und Gewebsuntergang, mithin weiterer Entzündung und Schwellung, woraufhin Phlegmone und Abszesse sich leichter entwickeln können (Haifeng, 2022). Es spricht laut ABM nichts gegen leichte Kompressionen, wie zum Beispiel beim hands-on-pumping, eine atraumatische Brustmassage – die sich durchaus wohltuend für die Mutter anfühlen kann (Anderson, 2020)  – sei schwierig zu erlernen und durchzuführen.
Brust, um die Brustwarze herum sind kreisförmige Bewegungen aufgezeichnet.
Sanfte Massagen zur Anregung des Milchflusses sind in Ordnung, aber es sollte nicht versucht werden, einen „Propf auszumassieren“ o. ä.
  • Milchpumpen: Milchpumpen sollten – wenn möglich – vermieden werden und nur eingesetzt werden, wenn es nicht anders geht. Grund dafür ist, dass der fehlende Bakterienaustausch zwischen Mund des Kindes und Brust die Dysbiose verschlechtern könnte und das unphysiologische Pumpmuster eher zu einer Gewebsschädigung beitragen kann.
    Es spricht nichts dagegen, dass ein Baby bei einem Milchstau oder einer Mastitis weiter an der Brust trinkt, da diese nicht „ansteckend“ sind. Deshalb ist es auch nicht nötig, Gegenstände und Pumpen etc. über das normale Maß hinaus zu reinigen oder gar zu sterilisieren. Auch die Brustwarze sollte ganz normal gepflegt werden (bei wunden Brustwarzen gemäß den entsprechenden Empfehlungen), da übermäßige Hygiene wunde Brustwarzen eher begünstigt, die Pflege mit Ölen etc., so sie nicht anderweitig nötig ist, den Milchstau eher noch verschlechtern könnte.
  • Stillhütchen: Während Stillhütchen sowieso mit Zurückhaltung eingesetzt werden sollten (siehe unser entsprechendes Kapitel) haben sie keinen generellen Nutzen zur Behandlung einer Mastitis und sollten laut ABM-Protokoll eher vermieden werden. Liegen jedoch weitere Symptome vor (z. B. Brustwarzen-Schmerzen) können sie, richtig angewendet, allerdings auch von Nutzen sein (Coentro, 2021) .

Umstrittene Maßnahme: Häufiges Entleeren der Brust

Die umstrittenste Maßnahme ist wahrscheinlich die Entleerung der Brust. Auch unter deutschen Stillberaterinnen ist es verbreitet, bei einem „Milchstau“ zu empfehlen: Die Milch muss raus. Das bedeutet dann, dass das Baby „möglichst oft“ angelegt werden soll, oder im Anschluss noch gepumpt werden möge, damit „das gestaute Areal“ sich lösen kann. Dabei solle das Kinn stets zur Stelle des Staus zeigen, weil dieses Areal dann am besten entleert würde. So kommen auch interessante Stillpositionen zustande, die dabei helfen sollen:

Die ABM argumentiert, dass sehr häufig eine zu hohe Milchproduktion einen Milchstau auslösen bzw. verstärken kann. Der unreflektierte Tipp „Häufig die Brust entleeren!“ könnte demnach eher dazu führen, dass die Milchproduktion noch weiter gesteigert und damit das Problem noch vergrößert würde. Deshalb solle man die betroffene Brust möglichst wenig stimulieren, damit die Milchmenge mittelfristig herabgesetzt wird. Das führe zwar vorübergehend zu einer Zunahme der Beschwerden, danach aber zu einer Besserung. Die gesunde Brust solle bevorzugt gegeben werden.

Pamela Douglas kritisiert, dass gerade das Entleeren des Milchgangsystems der Druck darin abnimmt und das zur Heilung der Entzündung beitragen würde; zudem führe die Entzündung an sich auch schon zu einer Abnahme der Milchmenge (Douglas, 2023).

Sinnvoller scheint zu sein, das Baby nach Bedarf zu stillen (bzw. nach Bedarf abzupumpen), den Fokus aber nicht auf die zusätzliche Entleerung zu setzen: So lässt sich im Regelfall das Angebot-Nachfrage-Modell am besten realisieren, ohne dass es zu einer (zusätzlichen) Überproduktion kommt. Spannt die Brust aufgrund der Fülle sehr stark, kann es helfen, kleinere Mengen zu entnehmen, um Entlastung zu verschaffen, ohne dass die Milchbildung zu stark angeregt wird.

Was ist mit Retterspitz?

Viele Frauen sind auf der Suche nach Informationen zur Anwendung von Retterspitz bei Milchstau, vielleicht, weil Hannah Lothrop das in ihrem berühmten Stillbuch* empfiehlt. Nun, Retterspitz* ist ein Naturheilmittel, das vor mehr als 100 Jahren von einer Frau Retterspitz erfunden wurde. Neben Arnika und Hühnerei enthält es (u. a.) verschiedene Pflanzenöle. Retterspitz kennen wir noch aus unserer alten Klinik, dort wurde es zum Beispiel bei Hodenschmerzen bei Kindern zum Abschwellen benutzt. Wissenschaftlich erforscht für die Anwendung bei Milchstau ist das Präparat unseres Wissens nicht, aber es scheint (laut Hersteller) zumindest keine Nebenwirkungen zu haben. Neben möglichen Effekten der Inhaltsstoffe kann Retterspitz bei Milchstau wahrscheinlich vor allem durch die Kühlung helfen, die Behandlung zu unterstützen.

Angebot
Retterspitz Wasser äußerlich, 1 l
  • PZN-01493306
  • 1 l Flüssigkeit

Was ist mit Homöopathie / Globuli?

Wir kennen uns selbst mit Homöopathie nicht aus, und der Schulmediziner in Tobias ist skeptisch 🙂 Die Anwendung in der Stillzeit und insbesondere auch bei Milchstau scheint aber etabliert und häufig angewandt. Unseres beschränkten Wissens soll bei der Gabe von Globuli eigentlich „der gesamte Mensch“ und nicht nur ein einzelnes Symptom behandelt werden – Empfehlungen zur Anwendung bestimmter Präparate werden aber trotzdem gegeben, zum Beispiel von Phytolacca. Am Besten lässt du dich dahingehend von der Homöopathin deines Vertrauens beraten. 

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  • LECITHIN - Lecithin ist eine Gruppe von Fettverbindungen und hat ein natürliches Vorkommen in unseren Zellen. Sie unterstützen essentielle Funktionen im Prozess der Zellsignalübertragung & des Stoffwechsels.
  • Dosierung - Besonders in der Zeit in welcher Mütter Stillen steigt der Nährstoffbedarf für zwei spürbar an. Eine hochdosierte Lecithinkapsel pro Tag bietet eine gute Ergänzung.

Stillberatung!

Vielleicht kommst du jetzt an dieser Stelle an und fühlst dich etwas überfordert:

Habe ich wirklich einen Milchstau? Habe ich vielleicht schon eine Mastitis? Was soll ich jetzt genau machen?

Hilfreiche Artikel im Internet sind super – aber sie beantworten nur das, was häufig ist, was typisch ist, und können nicht deine spezielle Situation kennen. Es ist nicht immer offensichtlich, was genau dir bei Milchstau hilft.

Wir versuchen hier, dir so viele Fragen wie möglich zu beantworten, aber vielleicht bleiben trotzdem noch welche übrig.

Sollte ich bei Milchstau abstillen?

Gerade wenn der Milchstau bei dir häufiger auftritt, fragst du dich vielleicht, was der ganze Stress denn soll und ob es nicht einfacher wäre, einfach abzustillen.

Nun, generell ist gegen das Abstillen nichts zu sagen: Irgendwann stillt jede Frau mal ab, manche schon bei Geburt, andere erst nach mehreren Jahren.

Bei Milchstau abzustillen, ist jedoch einer der denkbar ungünstigen Zeitpunkte: Du erhöhst damit dein Risiko, dass sich die Entzündung in eine bakterielle Mastitis weiterentwickelt.

Wenn du natürlich hartnäckig ständig einen neuen Milchstau entwickelst, trotz vorbeugender Maßnahmen und schneller Reaktion auf erste Symptome, dann kann das schon sehr anstrengend sein. Gerade wenn dein Alltag, oder vielleicht andere Kinder darunter leiden.

Je nachdem wie ausgeprägt dein Stillwunsch ist, würden wir hier zur Inanspruchnahme einer Stillberatung raten, um verbleibende Optionen abzuwägen.

Übrigens: Es gibt in der Literatur keinen Hinweis darauf, dass das Weiterstillen bei Milchstau oder Mastitis für dein Kind schädlich sein könnte! Gerade jedoch, wenn bei dir in der Schwangerschaft B-Streptokokken nachgewiesen wurden, raten wir, die Situation einmal mit deiner Frauenärztin zu besprechen.

Wann zum Arzt bei Milchstau?

Es gibt vor allem vier Hauptgründe, zu deiner Ärztin zu gehen, wenn du einen Milchstau hast:

  1. Die Symptome sind stark ausgeprägt.
  2. Deine Symptome werden schlimmer.
  3. Die Symptome werden nicht besser.
  4. Du machst dir aus anderen Gründen Sorgen.

Ab zur Ärztin #1: Anzeichen einer Brustentzündung

Wie wir hier schon mehrfach erwähnt haben, ist der Übergang vom Milchstau zur Mastitis fließend.

Spricht eher für MilchstauSpricht eher für Mastitis
örtliche Schmerzen, Spannungsgefühllokal starke Schmerzen
Körpertemperatur < 38,4°C, gutes AllgemeinbefindenFieber, allgemeines Krankheitsgefühl
lokale Schwellung, leichte Überwärmung und Rötungdeutlich ausgeprägtere lokale Schwellung, Überwärmung, Rötung
Beruhend auf der AWMF-Leitlinie „Therapie entzündlicher Brusterkrankungen in der Stillzeit“

Die Gefahr einer Mastitis ist, dass sich Keime unkontrolliert ausbreiten, was an jeder Stelle des Körpers gefährlich ist, da sie sich auch über die Blutbahn in den Rest des Körpers verteilen können.

Die nächste (wahrscheinlichere) Gefahr ist die Bildung eines Abszesses, also einer begrenzten Eiteransammlung in der Brust. Ein alter Leitspruch der Schulmedizin lautet (frei übersetzt): Wenn Eiter da ist, muss er weg. Antibiotika können kaum in Abszesse eindringen und es bleibt dann nur die operative Entfernung, um den gefährlichen Bakterienherd loszuwerden.

Das muss auf jeden Fall verhindert werden. Wenn du dir also nicht sicher bist, ob du nun „nur“ einen Milchstau hast oder schon eine Brustentzündung: Ab zur Ärztin. Oder zumindest dringend eine Hebamme oder Stillberaterin kontaktieren.

Ab zur Ärztin #2: Der Milchstau löst sich nicht

Angenommen, du hast einige oder sogar viele der oben genannten Tipps zur Therapie deines Milchstaus angewandt, aber die Symptome werden nicht besser, der Milchstau geht nicht weg.

Es ist dann nach spätestens einem Tag, also nach 24 Stunden, unbedingt nötig, dir Hilfe zu suchen. Du kannst direkt zu deiner Frauenärztin gehen, die dann in den meisten Fällen ein Antibiotikum verschreiben wird. Vielleicht macht sie auch einen Ultraschall der Brust, um einen Abszess auszuschließen.

Bei Milchstau sollte spätestens einen Tag nach Symptombeginn ein Arzt aufgesucht werden.
Spätestens 24 Stunden nach Beginn der Symptome solltest du dich in ärztliche Behandlung begeben.

Auch für sie ist es nicht einfach sicher zu unterscheiden, ob noch ein Milchstau, oder schon eine Mastitis vorliegt. Wenn du aber alle „natürlichen“ Maßnahmen befolgt hast und es trotzdem zu keiner Besserung kommt, ist die Chance einfach statistisch gesehen höher, dass du bereits eine Brustentzündung entwickelt hast.

Und da bei einer solchen leider oft Bakterien im Spiel sind, und du garantiert keinen Abszess entwickeln möchtest, musst du eben in den sauren Apfel beißen: Beziehungsweise in die bittere antibiotische Pille.

Wenn die Symptome deines Milchstaus innerhalb von 24 Stunden nicht besser werden, such dir ärztliche Hilfe.

Es gibt noch ein paar andere Gründe, zur Ärztin zu gehen: Vielleicht macht dir zum Beispiel der Knoten Sorgen, den du in deiner Brust tastest. Es ist zwar nicht wahrscheinlich, aber wir können gut nachvollziehen, wenn du zum Beispiel Brustkrebs einfach ausgeschlossen haben willst.

Darüber hinaus solltest du immer dann deine Ärztin fragen (oder zumindest die Hebamme oder Laktationsberaterin), wenn dir etwas Sorgen macht, was wir hier nicht besprochen haben.

Vorbeugen

Einige generelle Tipps können helfen, einem Milchstau vorzubeugen:

  • Trag nicht zu enge Kleidung bzw. BHs.
  • Stille nach Bedarf, entleere rechtzeitig kleinere Mengen, wenn die Brust stark spannt
  • Behebe ein Problem der Überversorgung
  • Versuch, auch wenn es schwierig ist, entspannt und stressfrei zu bleiben
  • Achte auf die richtige Anlegetechnik
  • Halt die Brust warm, vermeide Zugluft und Kälte
  • Untersuch deine Brust regelmäßig, achte auf verdächtige Rötungen, Schmerzen oder Verhärtungen und reagiere schnell auf beginnende Symptome
  • Gerade Frauen mit wiederkehrendem Milchstau oder immer wieder auftretender Mastitis profitieren unter Umständen von prophylaktisch eingenommenen Probiotika und/oder Lecithin

Zwar ist das keine Garantie, einen Milchstau zu verhindern, aber gerade, wenn du schon einmal oder häufiger einen hattest, ist es wichtig, früh zu reagieren und vorzubeugen.

Quellen:
Ramsay et al. „Anatomy of the lactating human breast redefined with ultrasound imaging“, J Anat 2005
S3-Leitlinie – Therapie entzündlicher Brusterkrankungen in der Stillzeit
– Wambach, Watson Genna, Anatomy and Physiology of Lactation, in: Wambach, Spencer: Breastfeeding and Human Lactation, sixth edition 2021, Jones & Bartlett, Burlington
– Deutscher Hebammenverband, Praxisbuch: Besondere Stillsituationen, 1. Auflage 2011, Hippokrates-Verlag Stuttgart, S. 354
– Both, Frischknecht, Stillen Kompakt, 1. Auflage 2007, Urban&Fischer, München, S. 12
Weitere Quellen sind direkt im Text verlinkt
1 https://www.still-lexikon.de/milchstau/
2 https://www.canadianbreastfeedingfoundation.org/basics/lecithin.shtml

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