Die Stillhormone

Du willst wissen, welche Hormone beim Stillen eine Rolle spielen? Es sind eine ganze Menge! Hier stellen wir dir die wichtigsten für die Milchbildung zuständigen Stillhormone verständlich zusammengefasst vor.

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Stillen kann ein Wechselbad der Gefühle sein – es ist aber immer ein Wechselspiel der Hormone.
Illustration: toyotoyo/shutterstock.com

Zuerst gehen wir die Phasen der Schwangerschaft und Stillzeit durch, hinterher geht es dann um die einzelnen Hormone im Detail.

Los geht’s!

Die Hormone in der Schwangerschaft und Stillzeit

Wir starten mit dem Verlauf der Schwangerschaft und dem Einfluss der Hormone auf die Brust und Milchbildung.

Stillhormone während der frühen Schwangerschaft

Hormone erfüllen im Körper ganz unterschiedliche Aufgaben.

So sorgen alle Hormone, die mit der Brust und dem Stillen in der Schwangerschaft zu tun haben, auch für andere Veränderungen.

An den Brustveränderungen in der Schwangerschaft beteiligen sich mehrere Hormone maßgeblich. So vermittelt das „Prolaktin“ das Wachstum der Brustwarze, während das „Humane Plazentalaktogen“ das Wachstum des Brustwarzenhofes beeinflusst.

In der Schwangerschaft macht sich der Hormoneinfluss schon früh bemerkbar, hier sind die Brüste einer Zweitgebärenden im zeitlichen Verlauf dargestellt.
Schon kurz nach Beginn der Schwangerschaft merken viele werdende Mamas ein Ziehen oder gar einen leichten Schmerz in der Brust. Das sind die ersten Zeichen des Umbaus, der Vorbereitung auf die Milchproduktion. Während der fortschreitenden Schwangerschaftswochen wachsen die Brüste dann, die Venenzeichnung nimmt zu.

Während die sichtbare Veränderung der Brust in vielen Fällen erst etwa ab der Mitte der Schwangerschaft geschieht, kann die werdende Mama häufig schon vorher etwas spüren:

Ein Ziehen zum Beispiel, auch einen leichten Schmerz. Durch den Einfluss des Prolaktins und weiterer „Stillhormone“ bereitet sich die Brust schon sehr früh auf die Stillzeit vor.

Das Gangsystem, durch das die Milch zur Brustwarze fließt, entwickelt sich durch Östrogene, Progesteron lässt die Milchbläschen wachsen. Im Zusammenspiel sind diese Hormone für das Wachstum des gesamten Brustgewebes zuständig.

Stillhormone am Ende der Schwangerschaft

Während in der ersten Hälfte der Schwangerschaft alles auf Wachstum ausgerichtet ist und die Milchbildung vorbereitet wird, wird in der zweiten Hälfte die Milch bereits gebildet: Oder genauer gesagt, die Vormilch.

„Was ist die Vormilch?“ Wenn Muttermilch Sekt wäre, wäre die Vormilch (oder „Kolostrum“) der Champagner. Sie enthält besonders viele Proteine und Nährstoffe, vor allem aber eine große Menge Immunzellen und Abwehrstoffe, die dein Baby in den ersten Tagen und Wochen stärken.

Es ist vor allem das Prolaktin, das jetzt für die „Aktivierung“ der milchbildenden Zellen sorgt. Diese Phase nennt sich übrigens „Laktogenese I“, also die erste Phase der Milchbildung.

Stillhormone um die Geburt

Das Progesteron hemmt während der Schwangerschaft die eigentliche Milchbildung. Man nennt Progesteron auch das „schwangerschaftserhaltende Hormon“, es wird von der Plazenta (dem „Mutterkuchen“ – gibt es ein blöderes Wort?) gebildet.

Vereinfachte Illustration des Schema des milchbildenden Gewebes, ein roter hemmender Pfeil zeigt vom Progesteron zur milchbildenden Zelle, ein grüner fördernder Pfeil vom Prolaktin.
Die milchbildenden Zellen in deiner Brust wollen eigentlich schon längst ihrer Bestimmung nachkommen und Milch bilden – denn das steigende Prolaktin sagt Ihnen, dass es Zeit ist. Das Progesteron jedoch, in der Plazenta gebildet, verhindert, dass schon allzu viel Milch gebildet wird.

Mit der Geburt verabschiedet sich auch die Plazenta aus deinem Körper und damit das hohe Level an Progesteron.

Jetzt sind alle Dämme gebrochen: Das Prolaktin übernimmt die volle Kontrolle, die Milch kann gebildet werden.

Es dauert in der Regel 2 bis 3 Tage, bis die Milch in Strömen fließt: Das nennt man den „Milcheinschuss“. Dieser kann manchmal auch verzögert sein. Die Brüste sind jetzt prall gefüllt und voll „funktionsfähig“, um dein Baby oder sogar Zwillinge zu ernähren.

Vergleichsbild einer Frau kurz vor der Geburt und nach der Geburt. Die Brüste habern während des Milcheinschusses enorm an Volumen zugenommen.
Durch den Abfall des Progesterons nach der Geburt kommt es zum Milcheinschuss. Der kann ganz schön stark ausfallen und zu Problemen führen – zum Beispiel zu Schmerzen, schwieriger Entleerung und Problemen beim Anlegen

Wann immer dein Baby nun an der Brust ist (und auch bei anderen Gelegenheiten), wird nun einerseits Prolaktin freigesetzt, was dem Körper signalisiert, dass er weiterhin Muttermilch produzieren soll. Andererseits kommt es zum Anstieg von Oxytocin, was zum Milchspendereflex führt.

Die einzelnen Stillhormone

Hier folgt nun noch eine Übersicht über die einzelnen Hormone, die beim Stillen eine Rolle spielen.

Progesteron in der Stillzeit

Progesteron ist das schwangerschaftserhaltende Hormon und hat nach der Geburt in der Regel keinen Einfluss mehr auf das Stillen.

Die Plazenta bildet es, während der Schwangerschaft hemmt es die Milchbildung. Dies spielt zum Beispiel dann eine Rolle, wenn die Plazenta nach der Geburt nicht völlig ausgestoßen wird. Selbst kleine Plazentareste können noch so viel Progesteron produzieren, dass sie den effektiven Milcheinschuss behindern.

Östrogen in der Stillzeit

Auch Östrogene hemmen eher die Milchproduktion. In den ersten Monaten nach der Geburt sind sie niedrig, sodass die Milchbildung einwandfrei funktionieren kann.

Wichtig werden Östrogene dann, wenn sie von außen zugeführt werden sollen: So muss deine Frauenärztin genau überlegen, welche Pille sie dir zur Verhütung verschreibt, wenn du noch ein Stillbaby zuhause hast.

Die Östrogene sind übrigens wohl auch Schuld am Haaraufall in der Stillzeit: Das Hormon hält auch die Kopfhaare während der Schwangerschaft aktiv, deren Zeit zum Ausfallen eigentlich schon gekommen wäre. Nach der Geburt sorgt dann der plötzliche Östrogenausfall – nunja, zum plötzlichen (aber harmlosen) Haarausfall.

Prolaktin – Hormon für die Milchbildung

Prolaktin ist das Milchbildungshormon Nummer 1. Es sorgt dafür, dass die milchbildenden Zellen reifen und sie später auch Milch produzieren. Der Prolaktinspiegel steigt zum Ende der Schwangerschaft stark an.

Jedes Mal, wenn dein Kind an der Brust ist und sie leert, steigt der Prolaktinwert im Blut erneut an. Das heißt vereinfacht gesagt, dass du deinem Körper mit jedem Stillen signalisierst:

„Ich möchte gerne noch weiter stillen, mein Baby braucht noch Milch.“

Zu dieser Grafik:

Der Prolaktinwert steigt in der Schwangerschaft an. Das Progesteron, das von der Plazenta ausgeschüttet wird, hemmt aber die Milchbildung. Nach der Geburt der Plazenta sorgt das Prolaktin für reichlich Milch – es kommt zum Milcheinschuss.

Bei jeder Stillmahlzeit steigt der Prolaktinwert deutlich an.

Insgesamt sinkt der Prolaktinspiegel in den Monaten nach der Geburt allmählich ab, das hindert aber nicht daran, dass eine Mama mitunter jahrelang stillen kann.

Besonders wichtig scheint das häufige und ausgiebige Stillen in den ersten Lebenstagen zu sein.

Hier baut der Körper Prolaktinrezeptoren auf den milchbildenden Zellen ein. So wird sichergestellt, dass selbst Monate nach der Geburt, wenn der Prolaktinspiegel ganz langsam absinkt, das verbleibende Prolaktin die Zellen einfacher „finden“ kann und sie weiterhin zur Milchbildung anregt.

Der genaue Weg, wie all das funktioniert, ist natürlich deutlich komplizierter, als hier dargestellt – und teilweise auch von Forschenden noch nicht ganz verstanden.

Was du dir merken kannst, ist folgendes:

Wenn dein Baby regelmäßig an der Brust saugt und die Brust leert – dann stimuliert das die Hypophyse, mehr Prolaktin auszuschütten.

Prolaktin führt zu einer guten Milchmenge – und zwar kurzfristig, aber auch nachhaltig!

Besonders am Anfang der Stillzeit solltest du also stillen, stillen, stillen, auch wenn es nervt, und auch später kannst du durch regelmäßiges Anlegen (und ggf. Abpumpen) erreichen, dass du mehr Milch bildest.

Übrigens: Viele der milchfördernden Lebensmittel und Kräuter, die immer wieder zur Anregung er Milchbildung empfohlen werden, beruhen wahrscheinlich auf ihrem Einfluss auf den Prolaktinspiegel.

Oxytocin und Stillen

Oxytocin bezeichnen viele als „Kuschelhormon“, da es unter anderem auch dann ansteigt, wenn wir anderen Menschen (freiwillig) nahe sind. Es stärkt dadurch die Bindung und sorgt somit indirekt dafür, dass wir uns wohl fühlen.

Oxytocin spielt in der Schwangerschaft und Stillzeit zwei unterschiedliche, jedoch in beiden Fällen extrem wichtige Rollen:

  • Unter der Geburt sorgt es für die Wehen und die Austreibung des Babys
  • Es sorgt für die Bindung, vor allem durch direkten Haut-zu-Haut-Kontakt
  • Es löst den Milchspendereflex aus

Kurz vor der Geburt steigt der Oxytocinwert im Blut stark an und reagiert mit den zugehörigen Rezeptoren in der Gebärmutter. Dies löst Wehen aus, führt zur Geburt und zur Geburt der Plazenta und reduziert auch die Nachblutung.

Aber auch nach der Geburt wirst du als Mama von Oxytocin durchflutet. Viel wurde über das Bonding nach der Geburt geschrieben: Hier wird der Grundstein für die Liebe und den „Beschützerinnen-Instinkt“ gelegt, den du dein ganzes Leben gegenüber deinem Kind spüren wirst.

Eine große Rolle spielt das Oxytocin auch beim Milchspendereflex. Beim Stillen werden Signalwege aktiviert, die zur Ausschüttung von Oxytocin führen. Das Hormon führt dann zur Anspannung der Muskelzellen, die um die milchbildenden Zellen herum liegen. Nur so gelangt genug Milch in den Mund deines Kindes.

Weitere Stillhormone

Es gibt noch einige andere Hormone, die einen Einfluss auf die Milchbildung haben. Sie sind weniger bekannt, spielen aber eine nicht unerhebliche Rolle. Kennen musst du sie nicht, wenn du die Grundzüge der Milchbildung verstehen willst – da reichen die bisher genannten aus.

Kortison

Kortison ist ein sogenanntes Glukokortikoid und wird in der Nebennierenrinde gebildet. Es hat eine Million verschiedene Funktionen im Körper (z. B. für den Wasserhaushalt, den Blutzuckerspiegel und für das Immunsystem), aber eben auch auf die Milchbildung.

Die Umstellung von der „normalen“ Zelle in der Milchdrüse hin zur milchproduzierenden Zelle funktioniert nicht ohne den Einfluss Kortison und auch Insulin.

Zu viel Kortison kann den Milcheinschuss verzögern.

TSH

TSH, eigentlich wichtig für den Schilddrüsen-Stoffwechsel, spielt ebenfalls eine Rolle in der Entwicklung der Laktozyten.

Prolaktin-hemmender Faktor

Der Prolaktin-hemmende Faktor ist meist Dopamin oder ein Molekül, das die Dopaminausschüttung fördert. Dopamin hemmt wiederum die Ausschüttung von Prolaktin, welches ja für die Milchbildung unerlässlich ist.

Die Berührung der Brustwarze und das Saugen hemmt den Prolaktin-hemmenden Faktor, wodurch wiederum Prolaktin freigesetzt werden kann.

Es ist ein ewiges Hemm- und Förderspiel 🙂

Hormonumstellung nach dem Abstillen

Jede Mahlzeit Beikost und jedes Zufüttern ist im Prinzip schon ein Schritt Richtung Abstillen, da die regelmäßigen Prolaktin-Anstiege während des Stillens seltener werden. 

Trotzdem reichen die Spiegel in der Regel aus, um selbst das Langzeitstillen über Jahre zu ermöglichen, bei denen natürlich nicht mehr so häufig wie am Anfang gestillt wird.

Durch die ausbleibende Stimulation „sterben“ die milchproduzierenden Zellen langsam ab, Fettgewebe ersetzt sie. Der Prolaktinspiegel sinkt auf das Niveau von vorher, die Brust wird kleiner und nimmt langsam (etwa) ihre alte Form an, und alle Hormone nähern sich wieder dem Wert an, den sie vor der Schwangerschaft hatten:

Alles ist bereit für das nächste Baby 🙂

Noch Fragen?

Das war jetzt wirklich ganz grob die vereinfachende Zusammenfassung, welchen Einfluss die Hormone auf das Stillen haben.

In Wirklichkeit ist der Hormonhaushalt noch viel komplexer. Andere Stillhormone haben wir jetzt komplett außer Acht gelassen: Das „humane Plazentalaktogen“, den „Prolactin-inhibiting factor“ … es ist eine große Mischung aus Molekülen, die die Muttermilch beeinflussen.

Wenn du noch Fragen hast, lass sie uns gerne zukommen! Wir versuchen auf alle Fragen eine Antwort zu finden. Vielleicht bauen wir den Artikel dann auch weiter aus, wenn Bedarf daran besteht.

Quellen:

– v.a. Wambach, Watson Genna, Anatomy and Physiology of Lactation, in: Wambach, Spencer: Breastfeeding and Human Lactation, sixth edition 2021, Jones & Bartlett, Burlington
– Wilson-Clay, Hoover, The Breastfeeding Atlas, Sixth Edition, LactNews Press, Manchaca 2017, S. 84
– Weitere Quellen sind direkt im Text verlinkt

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