Abstillen

Egal, ob direkt nach der Geburt oder Jahre später: Irgendwann kommt in jeder Stillbeziehung das Thema Abstillen auf den Tisch.

Das Abstillen kann für dich als Mama, aber auch für Kind eine emotionale Belastung sein – schließlich seid ihr euch nach Ende der Schwangerschaft nie körperlich so nah wie beim Stillen.

Welche Arten des Abstillens es gibt, wie du möglichst sanft abstillen kannst und eine Menge Tipps und Tricks erfährst du in diesem Artikel.

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Los geht’s!

Abstillen – die Hintergründe

Was bedeutet Abstillen?

Das Abstillen umfasst eigentlich drei Vorgänge:

  1. Dein Kind bekommt andere Nahrung als Muttermilch
  2. Dein Kind trinkt immer seltener und schließlich gar nicht mehr aus deiner Brust
  3. Deine Brust produziert immer weniger und schließlich gar keine Milch mehr.

Diese Prozesse greifen natürlich oft ineinander:

Ein Beispiel:
Caro stillte Emma von Anfang an voll und ausschließlich. Bis auf wunde Brustwarzen einige Tage nach der Geburt – die sie mit etwas Hilfe schnell in den Griff bekam – verlief die Stillzeit erfreulich unkompliziert.

Nach sechs Monaten gab Caro Emma zum ersten Mal einen Brei und ließ sie auch hin und wieder an einer Kaki lutschen. Emma aß noch wenig und wollte immer lieber an die Brust, sodass Caro sich schon Sorgen machte: Sie würde nämlich bald wieder arbeiten gehen müssen, zunächst nur vormittags. Zum Glück würde aber ihr Mann ein halbes Jahr Elternzeit nehmen können, sodass sie begann, schon mal Milch auf Vorrat abzupumpen.

Als Caro dann nach 9 Monaten wieder auf der Arbeit war, war Emma zunächst ganz schön böse: Sie verschmähte die abgepumpte Milch und aß auch weiter keinen Brei, war dann aber froh, ganz viel und lange stillen und kuscheln zu können, als Caro nach Hause kam. Schon am dritten Tag aber fing Emma plötzlich an, mit deutlich mehr Genuss Brei zu essen und sie trank sogar etwas Milch aus der Flasche. Schon nach vier Wochen funktionierte dies so gut, dass die Familie sich entschloss, tagsüber gar nicht mehr zu stillen, um auch die Rückkehr zur ganztägigen Arbeit zu ermöglichen.

Kurz nach Emmas erstem Geburtstag war sie tagsüber fast komplett abgestillt (nur noch ganz selten, zum Beispiel wenn sie sich weh getan hatte, ging sie an die Brust), nachts trank sie aber noch häufig.

Es dauerte fast ein ganzes Jahr, bis Emma sich auch nachts nicht mehr zum Stillen meldete, sodass Caro irgendwann bewusst wurde, dass ihre kleine Maus nun vollständig abgestillt war. Wenn sie die Brust ausstrich, kamen noch einige Tropfen, aber auch dies war nach wenigen Monaten vorbei.

Die drei Vorgänge beschreiben also unterschiedliche Vorgänge. Der natürliche Abstillprozess beginnt mit der Beikosteinführung. Mit zunehmender Beikostmenge trinkt dein Kind weniger, trinkt auch irgendwann andere Flüssigkeiten als Muttermilch, bis es irgendwann nicht mehr zum Überleben auf deine Brust angewiesen ist – aber vielleicht noch aus anderen Gründen weiterstillt (zum Beispiel wegen seines Nähe- oder Saugbedürfnisses).

Irgendwann wird es das Trinken dann ganz einstellen, bis deine Brust einige Zeit später dann auch keine Milch mehr produziert: Spätestens dann ist der Abstillvorgang beendet. Deine Brust wird nach der Stillzeit langsam wieder ihre alte Form und Größe einnehmen (mit wahrscheinlich leichten Unterschieden zu vorher).

Wie lange Stillen ist normal?

Wenn man es mal ganz evolutionär betrachtet: Deutlich länger, als die Menschen in den Industriestaaten tatsächlich stillen.

1995 hat Katherine Dettwyler1 mal überlegt, wie lange der Mensch eigentlich natürlicherweise stillen sollte, wenn man die Stillzeiten anderer Tiere in Betracht zieht. Je nachdem, welche Tiere man betrachtet, könnte man beim Menschen von einer natürlichen Stilldauer von 2,5 – 7 Jahren ausgehen.

Bei uns ist es jedoch so, dass Frauen, die langzeitstillen noch immer oft komisch angeschaut werden – und das häufig schon dann, wenn sie „nur“ deutlich über das erste halbe Lebensjahr heraus stillen.

Wie lange Stillen also „normal“ ist, lässt sich nicht sicher sagen. Kinder, die gar nicht gestillt werden, können heutzutage genauso gesund und alt werden wie Kinder, die 5 Jahre lang (teil)gestillt werden – und das gleiche gilt für alle Altersgruppen dazwischen.

Neben dem evolutionären Aspekt gilt es also den kulturellen Aspekt zu betrachten, genau wie die ganz individuelle Entscheidung jeder Stillenden und ihrer Familie. Wie lange stillen empfohlen wird, kannst du hier nachlesen.

Welche Gründe haben Frauen, die abstillen?

Die Gründe zum Abstillen sind individuell und – aus der Sicht einer Stillberaterin, die das Stillen natürlich fördern und lange genug erhalten möchte – immer zu respektieren.

Andererseits muss man sagen, dass die drei häufigsten Gründe für das vorzeitige Abstillen fast immer zu verhindern wären, oft mit relativ einfachen Maßnahmen.

Die häufigsten Abstillgründe einer australischen Studie: In jeder Altersgruppe überwiegt das Gefühl, nicht genug Milch für das Baby zu haben.

Die fünf häufigsten Gründe zum Abstillen sind (zumindest in dieser Studie) also:

  • Nicht genug Milch: Viele Mütter haben während der Stillzeit irgendwann das Gefühl, dass ihre Muttermilch nicht reichen könnte: Ihr Baby nimmt vermeintlich nicht gut zu, es ist unzufrieden während oder nach dem Stillen, usw. Tatsächlich haben die meisten Mütter durchaus genug Milch, oder es gibt Möglichkeiten, die Milchmenge zu steigern.
  • Probleme beim Anlegen: Richtig stillen ist zwar natürlich, aber nicht unbedingt einfach. Jedoch können gerade Probleme beim Anlegen mit etwas Übung und Hilfe gut gelöst werden – sodass sich das Stillen im Verlaufe der ersten Wochen von Tag zu Tag natürlicher anfühlt.
  • Wunde Brustwarzen / Schmerzen beim Stillen: Der häufigste Grund für wunde Brustwarzen ist die falsche Anlegetechnik, dies ist also eng mit dem vorherigen Punkt verbunden. Aber auch andere (lösbare) Probleme können zu wunden Brustwarzen und Schmerzen führen. Eine professionelle Stillberatung kann hier helfen, das vorzeitige Abstillen zu vermeiden.
  • Das Baby hat das Interesse verloren: Es ist sehr unwahrscheinlich, dass ein Baby im ersten Lebensjahr wirklich von sich aus das Interesse am Stillen verliert: Schließlich ist die Muttermilch seine Nahrungs- und Überlebensgrundlage. Trotzdem berichten viele Mütter, ihr Kind habe sich „selbst abgestillt“ und tatsächlich kann es im Rahmen einer Saugverwirrung oder eines Stillstreiks den Anschein machen bzw. dazu kommen, dass Kinder die Brust komplett verweigern.
  • Das Baby beißt: Ja, Babys können tatsächlich ziemlich kräftig in die Brust beißen (sogar schon, bevor sie Zähne haben) – zum Glück gibt es auch da häufig Mittel und Wege, damit umzugehen.

Und darüber hinaus gibt es natürlich auch viele weitere Gründe: Der Druck von außen zum Beispiel, sei es die Familie, sei es die Arbeit, sei es ganz diffus die noch immer nicht besonders stillfreundliche Gesellschaft. Manchmal kann stillen auch tatsächlich anstrengend sein, zum Beispiel wenn ein älteres Stillkind nachts häufig wach wird.

Was passiert nach dem Abstillen mit dem Körper?

Nach dem Abstillen kann es zu einer Menge Prozesse kommen, sowohl auf körperlicher, als auch auf psychischer Ebene.

Durch die fehlende Anregung der Brust wird immer weniger des Hormons Prolaktin produziert, sodass nach und nach die Milch weniger wird. Häufig kommt es in diesem Rahmen auch wieder zu regelmäßigen Eisprüngen, was auch für die Verhütung wichtig ist.

Viele Mütter spüren gar keine körperlichen Veränderungen, bei einem Teil ändert sich jedoch das Gewicht, die Haartextur und der Appetit 2.

Auch auf emotionaler Ebene kann sich einiges ändern. Viele Mütter berichten, das Stillzeit eine spezielle Bindung zum Kind erlaubt hat, die danach nie wieder so auftrat. Entsprechend berichten viele von vorübergehender Traurigkeit, und verminderter Kraft – aber im Gegenteil fühlen sich viele Mamas auch wieder befreiter und energetischer. Das hängt auch vom Zeitpunkt des Abstillens, vom Verlauf der Stillzeit und von den äußeren Umständen ab.

Verschiedene Möglichkeiten des Abstillens

Es gibt ganz verschiedene Arten des Abstillens: Vom Abstillen direkt nach der Geburt, dem primären Abstillen, bishin zum graduellen Abstillen, das sich in seltenen Fällen bis in die Schulzeit hinziehen kann.

Primäres Abstillen

Primäres Abstillen bedeutet, dass ein Baby gar nicht gestillt wird, also auch nach der Geburt nicht an die Brust angelegt wird. Manchmal wird auch noch die Vormilch ausgestrichen und an das Kind gefüttert.

Gründe für das primäre Abstillen gibt es reichlich.

  • schwere Erkrankungen der Mutter (z. B. HIV, Krebs, Drogeneinnahme, stillunverträgliche Medikamente) oder des Kindes, sogenannte absolute Stillhindernisse
  • das Baby soll zur Adoption freigegeben werden
  • das Baby ist am Ende der Schwangerschaft oder kurz nach der Geburt verstorben
  • die Mutter wünscht das primäre Abstillen

Die eigentlichen Gründe können dann ganz konkret sein: Zum Beispiel glauben viele Mamas, dass das Flaschefüttern einfacher ist, oder in der Familie gibt es Vorbehalte gegenüber dem Stillen. Insgesamt stillen etwa 10% aller Frauen in Deutschland primär ab.

Wenn eine Frau nach der Geburt die Brust nicht ausstreicht oder anderweitig entleert, kommt es trotzdem zu einem initialen Milcheinschuss; die Brust wird voll und gerötet und kann auch schmerzen, es kann ein Milchstau auftreten. Oft wird deshalb medikamentös mit Abstilltabletten behandelt, damit es gar nicht erst zum Milcheinschuss kommt.

Wenn du darüber nachdenkst, primär abzustillen, ohne dass dafür ein medizinischer oder sonstiger dringender Grund vorliegst, ist das völlig okay. Du solltest dir allerdings vielleicht nochmal die Vorteile des Stillens anschauen, ehe du deine endgültige Entscheidung triffst.

Plötzliches Abstillen

Manchmal soll es schnell gehen: Zum Beispiel bei Erkrankungen der Mama oder des Babys. Dann kommt ein plötzliches Abstillen in Betracht. Das sollte aber gut überlegt sein, denn es kann sich sehr negativ auf dein Baby oder dich selbst auswirken, sowohl was den körperlichen, als auch den psychischen Aspekt angeht.

Tatsächlich gibt es nur sehr wenige Erkrankungen, bei denen plötzlich abgestillt werden muss, in erster Linie ist das bei Medikamenten der Fall, die die Mutter einnehmen muss. Hier sollte man immer prüfen, ob die Maßnahme nicht verschoben werden kann, was aber natürlich nicht immer möglich ist.

Auf kindlicher Seite gibt es nur ganz wenige Situationen, wo das plötzliche Abstillen sinnvoll ist- wenn überhaupt. Kann ein Baby vorübergehend nicht trinken, zum Beispiel, weil es sehr krank ist, kann die Mutter vorübergehend Milch abpumpen. Ansonsten besteht auch hier die Gefahr, dass es zu einem Milchstau oder sogar einer Brustentzündung kommt.

Ein „Stillstreik“ sollte in der Regel nicht als Anlass zum Abstillen genommen werden – meist steht ein anderer Grund dahinter, als dass dein Baby „sich selbst abstillen“ möchte.

Natürliches Abstillen / baby-led weaning

Dies ist der „normale“ Weg, den die meisten Babys gehen, wenn sie es sich aussuchen können :-).

Beim baby-led-weaning (etwa „Baby-geleitetes Abstillen“) übernimmt dein Kind die Kontrolle, wann und wie es abgestillt wird.

Du wirst ganz von selbst feststellen, dass sich dein Baby immer mehr für Nahrung interessiert: Es schaut die zu, wie du oder seine Geschwister essen, greift nach der Nahrung, die ihr euch in den Mund steckt und nimmt von selber immer mehr Gegenstände und – wenn du es lässt – auch Nahrungsmittel in den Mund. Dies sind die sogenannten Zeichen der „Beikostreife„:

  • Sicheres Sitzen mit leichter Unterstützung
  • Greifen nach Gegenständen, in den Mund stecken und darauf herum beißen
  • Interesse am Essen der Familie
  • Es schiebt Essen nicht mehr mit der Zunge automatisch heraus

Die meisten Babys sind etwa nach einem halben Jahr beikostreif – dies ist auch der Moment, zu dem zum Beispiel die Weltgesundheitsorganisation die Einführung der Beikost empfiehlt.

Übrigens: Dein Baby muss keinem sogenannten „Breiplan“ folgen, es muss nicht mal unbedingt Brei essen. Bei einer gesunden Mutter und einem gesunden Baby reicht die Muttermilch in der Regel das gesamte erste Lebensjahr als „Hauptmahlzeit“. Anbieten solltest du andere Nahrungsmittel allerdings schon, und zwar spätestens nach einem halben Jahr.

Und danach geht es in der Regel ganz allmählich voran: Dein Baby wird immer mehr Beikost essen, auch andere Getränke trinken und immer seltener die Brust verlangen, die du ihm so lange weiter geben kannst, wie ihr mögt. Wie oben schon beschrieben: Das kann über mehrere Jahre der Fall sein und ist dann auch völlig okay und gut so.

Allmähliches Abstillen

Beim allmählichen Abstillen bestimmt die Mama, wann es soweit ist. Dies ist der Weg, den viele berufstätige Frauen wählen, die bereits wissen, dass sie nach einer bestimmten Zeit wieder zurück an den Arbeitsplatz wollen (oder müssen).

Hier können tatsächlich sogenannte „Breipläne“ – oder ähnliche Hilfsmittel – eine Unterstützung bieten. So kann eine Stillmahlzeit durch einen Brei oder eine Flasche mit künstlicher Babynahrung ersetzt werden, ohne dass die Brust angeboten wird. Und so immer eine Mahlzeit mehr, und eine mehr, und eine mehr … bis dein Baby dann irgendwann komplett abgestillt ist.

Unterstützende Maßnahmen, wie das Trinken von Salbei– oder Pfefferminztee kommen dabei häufig zum Einsatz.

Wenn die Mutter den Takt vorgibt, kann es sein, dass das Baby das überhaupt nicht gut findet. Es rebelliert und weint, verweigert die Beikost und macht es der Mutter schwer, an ihrem Plan festzuhalten – das kann für viele Familien eine große Belastung darstellen. Es ist dann kein mütterliches Versagen, dem Drängen des Babys doch nochmal nachzugeben, kann die Situation aber noch schwieriger machen.

Für viele Mamas, die weniger stillen wollen, kann auch das teilweise abstillen interessant sein.

Teilweises Abstillen

Beim „teilweisen Abstillen“, das vom allmählichen Abstillen nicht komplett zu unterscheiden ist, wird oft ganze Tagesphase nicht mehr gestillt.

Tagsüber

Wenn du zur Arbeit musst, oder dein Kind tagsüber in der Kita ist, kannst du tagsüber abstillen. Dabei musst du natürlich für Ersatz sorgen: Entweder dein Baby bekommt abgepumpte Muttermilch oder Formulanahrung, oder, wenn es alt genug ist, auch Beikost, durch den Papa oder die Erzieher*innen.

Viele Kinder, die sich bis dahin mit der Beikost noch schwer getan haben, nehmen das Essen dann erstaunlich gut an, sobald du nicht da bist.

Nachts

Das nächtliche Abstillen ist besonders dann gut, wenn du endlich mal wieder schlafen willst. Gerade aber im Familienbett kann es schwierig sein, das mit dem Wunsch deines Babys überein zu bringen 🙂

Dann kommen spezielle (möglichst schonende!) „Trainings“ in Frage, zum Beispiel das Abstillen nach Gordon.

Quellen

1https://www.taylorfrancis.com/chapters/edit/10.4324/9781315081984-2/time-wean-hominid-blueprint-natural-age-weaning-modern-human-populations-katherine-dettwyler
2https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/14620451/

Mohrbacher, „Breastfeeding Answers“: A Guide for helping families, 2. Auflage, 2020
Deutscher Hebammenverband: „Praxisbuch: Besondere Stillsituationen“, 1. Auflage, 2012

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