Schmerzmittel in der Stillzeit

Ein sehr großer Teil aller Frauen nimmt Schmerzmittel in der Stillzeit ein. Das kann der Fall sein bei „normalen“ Schmerzen, die auch sonst in jeder Lebensphase vorkommen, aber natürlich werden Schmerzmittel auch bei geburts- oder stillbezogenen Schmerzen eingenommen.

Schmerzmittel in der Stillzeit: Besser verzichten oder entspannte Einnahme?
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In diesem Artikel lernst du, welche Schmerzmittel es gibt und ob du sie auch beim Stillen sicher einnehmen kannst. Zunächst bekommst du die wichtigsten Infos in der Übersicht und dann ausführlichere Informationen, die dich teilweise auch zu detaillierteren Artikel verlinken.

Aber Achtung:

Diese Seite dient nur zu deiner Information und ersetzt nicht die ärztliche Beratung für deine individuelle Situation. Der Einsatz von Medikamenten in Schwangerschaft und Stillzeit sollte immer mit deiner Frauenärztin abgesprochen und nicht allein anhand von Texten im Internet erfolgen 😉 Die Informationen auf dieser Seite werden unregelmäßig aktualisiert, können also teilweise „outdated“ sein.

Das Wichtigste in der Übersicht

Vorsicht und Nachsicht: Fast alle Medikamente gehen mindestens zu geringen Teilen in die Muttermilch über. Trotzdem sind die meisten Präparate – auch Schmerzmittel – auch in der Stillzeit relativ sicher einzunehmen, wenn du sie bedarfsgerecht und nach üblichen Dosierungen einnimmst, sowie dein Baby gesund ist.

Wenig Forschung: Relevante Forschung gibt es leider wenig, viele Empfehlungen beruhen auf jahrelangen Erfahrungen mit den einzelnen Medikamenten.

Detail-Infos: Gute Informationsquellen sind Embryotox (an das sich vor allem auch Fachpersonen wenden können, wenn sie eine Frage haben), aber auch die Drugs and Lactation Database, oder eben Fachliteratur. Nicht selten lohnt es sich auch Fachpersonen (v. a. Ärzt*innen) auf diese Angebote hinzuweisen, ehe unnötigerweise abgestillt wird.

Opioide: Besonders bei Opioid-Schmerzmittel gilt es, vorsichtig zu sein: Es ist nicht auszuschließen, dass hier Atemprobleme, vermehrte Schläfrigkeit oder andere Symptome bei gestillten Säuglingen auftreten.

Mittel der Wahl: Als Mittel der Wahl bei Schmerzen in der Stillzeit gelten in Deutschland gemeinhin Paracetamol und Ibuprofen.

Stets: Immer solltest du dich von deiner Ärztin beraten lassen, welches Schmerzmittel in deiner speziellen Situation die beste Wahl ist.

Und jetzt zu den ausführlichen Infos.

Allgemeine Infos

Wenn du über die Einnahme eines Medikaments nachdenkst während du stillst, möchtest du drei Dinge im Blick haben:

  1. Die Wirkung – und die Nebenwirkungen – für dich
  2. Die Wirkung auf deine Milchmenge und Milchqualität
  3. Die Risiken für dein Baby

In diesem Artikel sprechen wir vor allem über den dritten Punkt: Die Risiken, bzw. andersherum die Sicherheit für dein Baby, wenn du ein Medikament einnimmst.

Ganz generell gilt, dass fast jedes Medikament, das eine Stillende einnimmt, auch in die Muttermilch übergeht.

Zum Glück heißt das in der Regel nicht, das auf dieses Medikament verzichtet werden muss: Es kommt auf den Einzelfall an, der sich einerseits am Medikament selbst, andererseits an den weiteren Umständen der Einnahme sowie auch an den Voraussetzungen deines Kindes bemisst. So sind zum Beispiel Frühgeborene oder Kinder mit Stoffwechselkrankheiten oft eher gefährdet als gesunde Reifgeborene.

Die meisten Schmerzmittel, die eine Mutter einnehmen kann, kommen auch bei Kindern zum Einsatz, natürlich in viel geringeren Dosierungen. Dies ist oft (!) ein Zeichen dafür, dass auch bei der „indirekten“ Einnahme via Muttermilch keine großen Probleme zu erwarten sind.

Leider gibt es insgesamt wenig Forschung zum Übergang in die Muttermilch von Medikamenten und Schmerzmitteln, ebenso wenig wie zur Wirkung im Kind: Oft wird sich bei der Einschätzung der Sicherheit auch darauf bezogen, dass wenige oder gar keine Fallberichte bekannt sind, die eine schädliche Wirkung eines Präparats nachweisen.

Ehe wir allzu sehr ins Detail einsteigen – das haben wir nämlich in unserem allgemeinen Artikel zu Medikamenten in der Stillzeit getan – stellen wir dir die häufigsten in der Stillzeit angewandten Schmerzmittel vor und worauf du zu achten hast.

Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, perioperative Schmerzen, oder sogar stillbezogene Schmerzen: Davon sind natürlich auch Stillende betroffen.
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Die wichtigsten Medikamente in der Übersicht

Wir stellen dir hier Infos zu den wichtigsten Schmerzmitteln in der Stillzeit vor. Die Informationen stammen aus verschiedenen Quellen: Embryotox, dem wichtigsten Online-Informationsangebot für Fachpersonen und Eltern in Deutschland; Hale’s Medications and Mother’s Milk, dem englischsprachigen Standardwerk zu Medikamenten in der Stillzeit; dem ABM-Protokoll Nummer 15 (ABM = Academy of Breastfeeding Medicine), das sich auf Schmerzbehandlung in der Stillzeit bezieht; der Drug and Lactation Database, einer Online-Ressource des National Institute of Child Health and Human Development, sowie vereinzelt auch anderen Quellen, die wir natürlich nennen.

Noch einmal: Dieser Text ist offiziellen und seriösen Quellen verfasst, dient aber nur der Orientierung, kann Fehler enthalten und die Beratung durch eine Ärztin oder Apothekerin natürlich nicht ersetzen.

Opioid-Analgetika

Opioid-Analgetika gehören zu den stärksten Schmerzmitteln, die uns bekannt sind. Innerhalb der Gruppe wiederum gibt es sehr unterschiedliche Stärken, deren Beschreibung sich an der Wirkung des Morphins als „Standard“ orientiert (Stärke des Morphins = 1; anderes Opioid = z. B. 0,1 oder 10; bezogen auf die Wirkstärke des Morphins).

Opioide haben ein hohes Abhängigskeitspotential, was man am Besten am Heroin sieht, zudem haben sie – vor allem bei hoher Dosierung – bedrohliche Nebenwirkungen, die von Verstopfung über Schläfrigkeit bishin zur Atemhemmung reichen. Deshalb fallen Opioide unter das Betäubungsmittelgesetzt und dürfen nur von Ärzten verschrieben und niemals frei verkauft werden.

Deshalb sind diese Angaben hier wirklich nur orientierend zu verstehen: Lass dich auf jeden Fall von deiner Ärztin beraten und vergiss nicht ihr mitzuteilen, dass du noch stillst, solltest du ein Opioid-Präparat brauchen.

Sollte deine Ärztin bei der Gabe von Opioid-Schmerzmitteln zum Abstillen raten, besprich das nochmal genauer mit ihr und verweise sie gegebenfalls auf die Quellen, die wir unten angegeben haben – oft ist nämlich das Weiterstillen unter guter Beobachtung deines Kindes auch bei Opioiden möglich.

Morphin

Embryotox hält einzelne Gaben von Morphin mit dem Stillen für vereinbar, jedoch immer unter guter Überwachung des Kindes, sodass unerwünschte Wirkungen wie vor allem die Atemdepression bemerkt werden. Dies gilt vor allem für Frühgeborene und andere Kinder mit vorbestehender Atemstörung. Schwerwiegende Nebenwirkungen seien bisher jedoch nicht bekannt.

Hale’s Medications and Mother’s Milk rät vor allem zu Vorsicht bei längerfristiger Einnahme in höheren Dosierungen und warnt vor Sedierung, Atempausen, Verstopfung und mangelhafter Gewichtszunahme.

Die Drug and Lactation Database empfiehlt, wenn möglich andere Schmerzmittel einzusetzen und ansonsten den Einsatz von Morphin zeitlich und bezüglich der Dosierung zu limitieren.

Fentanyl

Embryotox hält ganz ähnliche Empfehlungen bereit wie beim Morphin: Einmalige Gaben sind vertretbar, da der Übergang in die Muttermilch wohl als eher gering einzuschätzen ist, zudem sind keine schwerwiegenden unerwünschten Wirkungen beim Säugling bekannt. Auch hier gilt, dass gestillte Kinder, deren Mütter Fentanyl bekommen, gut überwacht werden müssen, insbesondere Kinder mit entsprechenden Gefährdungsmerkmalen.

Hale’s Medications and Mother’s Milk stellt einige Studien vor, die ebenfalls den sehr geringen Übergang in die Muttermilch zu belegen scheinen. Auch hier ist auf die typischen Symptome wie Sedierung, Schläfrigkeit, Verstopfung beim Säugling zu achten.

Auch die Drugs and Lactation Database gibt ganz ähnliche Empfehlungen bezüglich des Fentanyls in der Stillzeit heraus, verweist aber auch nochmal auf die Gabe während der Geburt und die mögliche Wirkung auf ein verspätetes erstes Anlegen und einen verspäteten Milcheinschuss. Das ABM-Protokoll zur Schmerztherapie in der Stillzeit hält die kurzfristige Gabe von Fentanyl ebenfalls für vertretbar.

Tramadol

Tramadol ist ein eher schwächeres Opioid, das zum Beispiel nach kleineren Eingriffen oder stärkeren Schmerzen gegeben wird, wenn z. B. NSAR-Analgetika nicht mehr ausreichen.

Laut der Drug and Lactation Database geht Tramadol nur sehr gering in die Muttermilch über und es seien auch keine Komplikationen bei gestillten Kindern bekannt, deren Mütter Tramadol einnehmen. Lediglich bei einer Tramadol-abhängingen Mutter sei bei einem Kind ein Todesfall aufgetreten, es sei jedoch fraglich, ob dieser auf das Medikament zurückzuführen war.

Allerdings: Die US Food and Drug Administration rät von Tramadol in der Stillzeit ab, allerdings eher aufgrund seiner pharmakologischen Ähnlichkeit zu Codein, welches im Gegensatz zu Tramadol tatsächlich zu Komplikationen geführt habe.

Embryotox rät wie bei allen Opioden zum umsichtigen Einsatz, hält die Gabe jedoch für vertretbar.

Sonstige

Es gibt noch eine Reihe weiterer Opioid-Schmerzmittel, die ebenfalls vereinzelt in der Stillzeit zum Einsatz kommen. Solltest du dich dahingehend informieren wollen, nutze zum Beispiel die entsprechenden Einträge bei Embryotox oder der Drugs and Lactation Database, bzw. frage die verschreibende Ärztin, ob das Medikament stillverträglich ist.

Nicht-Opioid-Analgetika

Nicht-Opioid-Analgetika beschreiben alle Schmerzmittel, die nicht zur oberen Gruppe gehören, also nicht an Opioid-Rezeptoren binden. Sie werden in drei Gruppen eingeteilt: In

  • diejenigen, die neben Schmerzen auch Fieber und Entzündungen reduzieren können,
  • diejenigen, die neben Schmerzen auch Fieber senken können (aber keine Entzündungsreaktionen),
  • sowie die, die neben der schmerzstillenden Wirkung keine weiteren Wirkungen in diesem Sinne haben.


Die erste Gruppe wird oft auch „NSAR“ genannt (nicht-steroidale Antirheumatika), wozu zum Beispiel Ibuprofen und Diclofenac gehören. Zur zweiten Gruppe gehört als prominentestes Beispiel Paracetamol, zur dritten Gruppe zum Beispiel Ketamin. Sehen wir uns die wichtigsten Präparate jetzt mal genauer an.

Ibuprofen

Ibuprofen ist neben Aspirin das bekannteste NSAR, das neben der Schmerz- und Fiebersenkung auch noch antientzündlich wirkt. Es kommt bei mittelschweren Schmerzen zum Einsatz und wird weltweit millionen-, wenn nicht gar milliardenfach angewendet.

Es ist relativ gut verträglich, kann jedoch – wie alle NSAR – buchstäblich „auf den Magen schlagen“ und von leichten Magen-Darm-Beschwerden bis zu Magengeschwüren und -blutungen eine Reihe von Nebenwirkungen haben, die sich vor allem bei längerer Anwendung zeigen.

Was die Sicherheit in der Stillzeit angeht, herrscht Einigkeit: Da Ibuprofen nur in geringen Mengen in die Muttermilch übergeht, ist nicht von unerwünschten Wirkungen auf dein Baby auszugehen. Es gilt – neben Paracetamol – bei Stillenden als Mittel der ersten Wahl bei leichten oder mittelstarken Schmerzen. Wenn du mehr wissen möchtest, empfehlen wir dir unseren Artikel zum Ibuprofen in der Stillzeit.

Diclofenac

Diclofenac ist ebenfalls ein NSAR, das bei mittelstarken Schmerzen – oft im Bereich des Bewegungsapparates – zum Einsatz kommt. Daten zur Anwendung in der Stillzeit liegen (wie bei den meisten Medikamenten nur in geringem Maße vor), anders als Ibuprofen und Paracetamol handelt es sich auch nicht um ein Medikament, das typischerweise „direkt“ bei Kindern und Säuglingen angewendet wird.

Deshalb gilt es nicht als Medikament der Wahl und sollte mit Zurückhaltung und nur bei der entsprechenden Notwendigkeit angewendet werden. Auch zum Diclofenac in der Stillzeit haben wir einen ausführlicheren Artikel parat.

Acetylsalicylsäure („Aspirin“)

Aspirin, das ist eigentlich der Markenname der Firma Bayer für die Acetylsalicylsäure (ASS), ebenfalls ein fieber-, schmerz- und entzündungslinderndes Medikament, das auch weiterhin häufig in geringen Dosen Anwendung findet nach Herzinfarkten u. ä., da es die Blutplättchen-Funktion beeinträchtigt (was in diesem Fall gewünscht ist).

Kinder bekommen nahezu nie Aspirin, da dadurch selten das gefährliche, lebensbedrohliche „Reye-Syndrom“ ausgelöst werden kann. Hier kommt es bei der Kombination der ASS-Gabe und einem Viruseffekt zu schweren Leber- und Hirnschäden. Es ist nicht klar, ab welcher Dosis dieses auftreten kann, sodass ASS unter 12 Jahren fast komplett vermieden wird (außer bei besonderen Indikationen).

Studien weisen daraufhin, dass das Medikament nur sehr gering in die Muttermilch übergeht. Trotzdem wurden einige unerwünschte Wirkungen bei Kindern aufgezeigt (z. B. Blutungen), sodass, auch vor dem Hintergrund des Reye-Syndroms, von der Einnahme in der Stillzeit lieber abgesehen werden sollte. Ausnahmen (z. B. bei Rheuma-Erkrankungen oder bei der low-dose-Therapie) können allerdings in Absprache mit der Ärztin gemacht werden.

Paracetamol

Paracetamol ist neben Ibuprofen das von Embryotox als „Mittel der Wahl“ in der Stillzeit anzuwende Schmerzmittel. Ausführliche Informationen haben wir in einem Extra-Artikel für dich zusammengestellt: Paracetamol in der Stillzeit.

Andere Schmerzmittel

Und natürlich gibt es noch eine Reihe weiterer Schmerzmittel, die theoretisch auch in der Stillzeit Anwendung finden könnten: Metamizol zum Beispiel, welches mit deutlich mehr Zurückhaltung eingesetzt werden sollte als Ibuprofen oder Paracetamol, aber auch andere, seltener notwendige Medikamente wie Ketamin.

Wie immer gilt: Lass dich von deiner Ärztin beraten und weise sie daraufhin, dass du stillst. Du kannst sie auch auf die Angebote verweisen, die Fachpersonen beraten, in Deutschland allen voran Embryotox, die sogar eine Beratungshotline für Fachpersonal anbieten.

Und was ist mit Cannabis?

Cannabis gerät in den letzten Jahren vermehrt als „natürliches“ Schmerzmedikament in den Fokus. Während sich mit Hilfe der Pflanze durchaus bei manchen Menschen manches Schmerzsymptom lindern lässt, gilt für Stillende leider: Im Zweifel lieber Finger weg.

Zwar gibt es keinen eindeutigen Beweis, dass Cannabis bzw. die darin enthaltenen Wirkstoffe tatsächlich schädlich für gestillte Säuglinge ist. Allerdings gibt es durchaus Hinweise, dass sich beispielsweise Defizite bei der motorischen Entwicklung ergeben könnten. Deshalb empfehlen so ziemlich alle Fachstellen, in der Schwangerschaft und Stillzeit auf den Konsum von Cannabis zu verzichten.

Fazit

Insgesamt sind die meisten „klassischen“ Schmerzmittel auch in der Stillzeit anwendbar, wenn auf gewisse Vorsichtsmaßnahmen geachtet wird. Diese lauten:

  • Möglichst Medikamente wählen, von denen die Sicherheit durch jahrzehntelange Erfahrung bestätigt ist
  • Möglichst kurze Anwendungsdauer
  • möglichst geringe Dosis

Immer solltest du Rücksprache mit deiner Frauen- oder Hausärztin handeln, wenn du ein Medikament anwenden möchtest, mit Einschränkungen kann dich auch deine Hebamme oder Stillberaterin beraten. Nutze Informationsquellen im Internet nur zur Orientierung, die Entscheidung für oder gegen ein Präparat solltest du stets nach ärztlicher Beratung entscheiden lassen.

Quellen

Hale – Hale’s Medications & Mother’s Milk, Springer Publishing Company, 18. Auflage, 2019

Lawrence & Lawrence, Breastfeeding – A guide for the medical profession, Elsevier, 9. Auflage 2022

Campbell, Lauwers, Mannel, Spencer – Core Curriculum for Interdisciplinary Lactation Care, Jones & Bartlett Learning, 1. Auflage 2019

ABM Clinical Protocol #15: Analgesia and Anesthesia for the Breastfeeding Mother, 2017

Drugs and Lactation Database

Embryotox

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