Die Milchbildung anregen mit Domperidon

Domperidon ist ein Medikament, das vielen Frauen weltweit beim Anregen der Milchbildung hilft. Solltest du also zu wenig Milch haben, kann Domperidon ein Puzzle-Stück sein, die Menge wieder zu steigern.

Illustration einer Frau, die mit einer Handmilchpumpe Milch aus ihrer linken Brust abpumpt.
Um die Michbildung anzuregen gibt es verschiedene Methoden – eine davon kann die Einnahme von Medikamenten wie Domperidon sein.
Illustration: Ken Tackett / shutterstock.com

Ob das funktioniert, wie das funktioniert und welche Risiken das Medikament birgt, lernst du in diesem Artikel – erst in den wichtigsten Punkten zusammengefasst und dann in ausführlichen Infos.

Los geht’s!

Die wichtigsten Punkte

Anderer Zweck: Domperidon wird eigentlich bei Übelkeit und Erbrechen eingesetzt und ist zur Anregung der Milchbildung nicht offiziell zugelassen – es wird als „off-label“-Medikament trotzdem genutzt.

Wirkweise: Es wirkt, indem es indirekt die Konzentration des Hormons „Prolaktin“ erhöht, welches die Milchbildung anregen kann.

Wirkt es denn? Verschiedene Studien (die jedoch hauptsächlich an Müttern von Frühgeborenen durchgeführt wurden) haben gezeigt, dass Domperidon tatsächlich die Milchmenge erhöhen kann – jedoch in mittelstarkem Ausmaß.

Wie einnehmen? Die typische Dosis ist 3 x 10 Milligramm am Tag, nach einer bis zwei Wochen sollten sich Effekte einstellen. Du musst die Dosis sowie die Einnahme generell mit deiner Frauenärztin absprechen.

Nebenwirkungen: Domperidon kann verschiedene Nebenwirkungen haben, die gefüchtetste sind Herzrhythmusstörungen. Diese treten zwar bei Stillenden wahrscheinlich sehr selten auf, haben aber trotzdem dazu geführt, dass verschiedene Stellen (z. B. Embryotox und das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte) davon abraten, es zur Steigerung der Milchmenge einzusetzen.

Ein EKG-Bildschirm
Herzrhythmus-Störungen gehören zu den gefürchteten, zum Glück seltenen Nebenwirkungen des Domperidons.
Foto von Joshua Chehov auf Unsplash

Was wichtiger ist: Wichtiger als Domperidon oder andere Medikamente zur Steigerung der Milchbildung ist das regelmäßige Entleeren der Brust, sei es durch Stillen, Ausstreiche oder Abpumpen – Domperidon kann dabei unterstützend wirken.

Such dir Rat: Wenn du dich für die Anwendung von Domperidon interessierst, sprich einfach deine Hebamme, Stillberaterin oder deine Frauenärztin an.

Was ist Domperidon?

Achtung ‼️: Dieser Artikel beschreibt die Wirkung eines Medikamentes, das schwere Nebenwirkungen haben kann. Er dient nur der Information und ersetzt nicht den direkten Rat einer Ärztin oder Apothekerin. Nie ohne Rücksprache einnehmen!

Bevor wir tiefer einsteigen, wie und warum Domperidon zum Anregen der Milchbildung eingesetzt wird, starten wir mal mit seiner eigentlichen Aufgabe.

Die Rolle von Domperidon in der Medizin

Domperidon (Handelsname z. B. „Motilium®“) ist ein Medikament, das meistens eigentlich zur Behandlung von Magen-Darm-Beschwerden, vor allem Übelkeit, eingesetzt wird.

Es wird aber auch, im Rahmen eines sogenannten „off-label-use“ zur Anregung der Milchbildung eingesetzt:

„Off-Label“ heißt, dass es nicht offiziell vom Hersteller für diese Anwendung hergestellt und auch nicht zugelassen wurde – meistens deshalb, weil es nicht ausführlich getestet wurde, also die Sicherheit nicht garantiert werden kann.

In der Kinderheilkunde ist ein „off-label-use“ häufig, da viele Medikamente nie an Kindern getestet wurden – die Erfahrung hat bei solchen Medikamenten dann aber gezeigt, dass sie funktionieren und einigermaßen sicher sind.

Wie funktioniert es?

Domperidon wirkt über zwei Mechanismen:

Einerseits beschleunigt es die Magen-Darm-Passage, das heißt, dass der Inhalt des Darmes schneller vorangetrieben wird. Wie das funktioniert, ist nicht bekannt.

Andererseits wirkt es auch in dem Teil des Gehirns, der für eine Form des Erbrechens zuständig ist, indem es dort sogenannte „Dopamin-Rezeptoren“, und somit die Wirkung des Moleküls Dopamin hemmt.

Diagramm, links das Wort "Domperidon", ein Pfeil, der eine Hemmung darstellen soll nach rechts zum Wort "Dopamin".
Domperidon hemmt Dopamin.

Klingt vielleicht kompliziert, erklärt uns aber gleich, warum es manchmal auch die Milchbildung anregen kann.

Wie Domperidon die Milchbildung beeinflusst

Die Milchbildung ist ein ziiiemlich komplexer Prozess, der jedoch auf zwei einfache Grundprinzipien heruntergebrochen werden kann:

Wenn dein Baby an der Brust saugt, wird in deinem Gehirn (in der sogenannten „Hypophyse“, oder auf deutsch „Hirnanhangsdrüse“) das Hormon „Prolaktin“ freigesetzt. Es ist das wichtigste „milchbildende Hormon“. Es ist während der gesamten Stillzeit in deinem Körper erhöht und wird bei jeder Stillmahlzeit erneut ausgeschüttet. Ohne Prolaktin wärest du nicht in der Lage, Milch zu bilden.

Diagramm, links das Wort "Prolaktin", ein Pfeil, der eine Förderung darstellen soll nach rechts zum Wort "Milchbildung".
Prolaktin fördert die Milchbildung.

Der zweite wichtige Mechanismus ist die „Eigenleistung“ deiner Brust: Sie ist in der Lage, den Milchbedarf deines Babys selbst zu erkennen. Trinkt es die Brust leer (oder pumpt eine Milchpumpe sie leer), produziert sie mehr Milch. Bleibt die Brust voll, zum Beispiel weil dein Baby eine Flasche getrunken hat, reguliert sie die Milchbildung runter, es wird weniger Milch gebildet.

Während der zweite Mechanismus extrem bedeutend ist, wenn du versuchst, deine Milchbildung anzuregen, ist der erste Effekt wichtig für die Wirkweise vieler milchfördernder Lebensmittel und auch für die Wirkung des Domperidons.

Denn wie so ziemlich jedes Hormon im Körper hat auch das Prolaktin einen oder mehrere Gegenspieler – im Fall des Prolaktins ist es das Dopamin.

Diagramm, links das Wort "Dopamin", ein Pfeil, der eine Hemmung darstellen soll nach rechts zum Wort "Prolaktin".
Dopamin hemmt Prolaktin.

Dopamin hemmt also Prolaktin, und damit die Milchbildung (denn Prolaktin fördert ja die Milchbildung). Wie frech! Aber so ist es im Körper immer: Hätten die Hormone keine Gegenspieler, würden sie viel zu heftig wirken – deine Brust würde wahrscheinlich die Größe eines Wasserballs annehmen.

Und was kann Domperidon? Richtig – es kann Dopamin hemmen, wie wir vorhin gelernt haben.

Diagramm, links das Wort "Domperidon", ein Pfeil, der eine Hemmung darstellen soll nach rechts zum Wort "Dopamin".
Domperidon hemmt Dopamin – nur zur Erinnerung.

Die Idee ist also klar: Wir geben Domperidon, damit es Dopamin hemmt, was somit nicht mehr das Prolaktin hemmen kann – das Prolaktin steigt, die Milchmenge auch.

Der gesamte Regelkreis aufgezeichnet: Domperidon hemmt Dopamin, Dopamin hemmt Prolaktin, Prolaktin fördert die Milchbildung.
Domperidon hemmt das Dopamin, das jetzt nicht mehr das Prolaktin hemmen kann, sodass das Prolaktin mehr Milch bilden kann.
Übrigens: Damit deine Brust jetzt eben nicht zum Wasserball wird, tritt Mechanismus Nummer , den wir dir oben erklärt haben, in Kraft: Die Eigenregulation der Brust hindert das Prolaktin wiederum daran, die Milchbildung immer weiter anzuregen. Der Körper ist schon faszinierend.

Du musst das eigentlich alles nicht verstehen. Wenn du willst merk dir einfach: Domperidon steigert die Milchbildung durch eine Steigerung des Prolaktins.

Aber ist das wirklich so einfach? Funktioniert das tatsächlich?

Studien zur Wirksamkeit

Anders als in vielen anderen Bereichen der Still-Wissenschaft ist die Wirkung des Prolaktins auf die Milchbildung tatsächlich untersucht worden. Dies bezieht sich zwar hauptsächlich auf die Mütter von Frühgeborenen, aber auch Mütter von Reifgeborenen wurden manchmal untersucht.

Insgesamt zeigt sich in den Studien, dass Domperidon tatsächlich die Milchmenge steigern könnte. Eine Untersuchung hat die Ergebnisse bisheriger Studien zusammengefasst und kommt zu dem Schluss, dass Domperidon das am besten untersuchte, das wahrscheinlich sicherste und von den untersuchten auch das am besten wirksame Medikament ist, um mehr Milch zu machen – auch wenn der Effekt eher als „mittelstark“ bezeichnet wird Quelle.

Eine Frau im weißen Kittel mit Stethoskop um den Hals schreibt etwas auf ein Klemmbrett, neben ihr steht eine Frau, die ihren schon älteren Säugling im Arm trägt und stillt.
Wie bei vielen Stillthemen stehen endgültige Erkenntnisse, ob und inwiefern Domperidon wirklich zur Anregung der Milchbildung wirkt, noch aus.
Foto: RossHelen / shutterstock.com

Dabei profitiert nicht jede Frau gleichzeitig von dem Medikament: Vor allem Übergewichtige scheinen schlechter darauf zu reagieren, außerdem Frauen mit einer Entzündung der Brustdrüse. Vor allem scheint es auch dann zu wirken, wenn die Prolaktinspiegel im Blut relativ niedrig sind – ist der Spiegel also von Anfang an hoch oder normal hoch, hat es nicht so einen starken Effekt.

Einschränkend muss man also sagen, dass auch Domperidon nur ergänzend zu den weiteren Maßnahmen zur Milchmengensteigerung angewendet werden kann, die wir dir in unserem Artikel Milchbildung anregen ausführlich vorstellen.

Wie viel und wie lange nehmen?

Die richtige Dosis und Dauer der Anwendung musst du unbedingt mit deiner Frauenärztin ansprechen, die dir das Medikament auch verschreiben wird.

Die internationale Leitlinie macht keine definitiven Aussagen, in den Studien wurden aber in der Regel drei Einzelgaben à 10 mg genutzt, manchmal auch mehr 3 x 20mg. So schlägt es auch „Hale’s Medication & Mother’s Milk“, das englischsprachige pharmakologische Standardwerk zu Muttermilch und Medikamenten. Mehr zu geben habe keinen Vorteil, dafür steige aber das Risiko von Nebenwirkungen.

Das Medikament wurde manchmal nur wenige Tage, manchmal bis zu 4 Wochen eingenommen, der größte Effekt stellte sich nach einer bis zwei Wochen ein. Wenn es nach zwei Wochen keinerlei Effekt erzielt, dann kann es in der Regel wieder abgesetzt werden. Wenn es sich jedoch als wirksam erwiesen hat, dann kannst du es langsam wieder ausschleichen und schauen, wie sich das auf deine Milchmenge auswirkt.

Mögliche Nebenwirkungen von Domperidon

Anders als ein anderes Medikament, das manchmal zur Steigerung der Milchmenge (ebenfalls „off-label“) eingesetzt wird – das Metoclopramid – durchschreitet Domperidon nicht die sogenannte „Blut-Hirn-Schranke“.

Die Blut-Hirn-Schranke ist eine Art „Barriere“ zwischen dem Blutkreislauf und dem Gehirn – sie verhindert, dass Krankheitserreger oder andere Substanzen, die im Gehirn nichts verloren haben, dorthin gelangen – während Nährstoffe, Sauerstoff usw. hindurch gelangen.

Das heißt, dass die gefürchteten neurologischen Nebenwirkungen, die das Metoclopramid haben kann, nicht (oder nur sehr selten) auftreten. Domperidon ist ein relativ nebenwirkungsarmes Medikament, das heißt nicht, dass es keine hat.

Ein Blister mit Tabletten.
Jedes Medikament kann Nebenwirkungen haben.
Foto von Melany @ tuinfosalud.com auf Unsplash

Auftreten können u. a. :

  • Kopfschmerzen
  • Schwindel
  • Stimmungsschwankungen
  • selten Krampfanfälle
  • trockener Mund
  • Bauchkrämpfe
  • Durchfall

Allerdings ist eine Nebenwirkung dann doch so gefürchtet, dass das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte davon abrät, es in anderem Kontext als „Übelkeit und Erbrechen“ zu benutzen:

Herzrhythmus-Störungen

So könne nämlich Domperidon – vor allem dann, wenn es in zu hoher Dosis angewendet wird, zu tödlich verlaufenden Herzrhythmus-Störungen führen.

Unter Stillexpertinnen wird das jedoch meistens etwas anders gesehen: Unter anderem trete diese Nebenwirkung hauptsächlich bei älteren Menschen mit vielen Vorerkrankungen auf, wozu Stillende in der Regel nicht gehören. Auch die Association of Breastfeeding Medicine empfiehlt Domperidon weiterhin, besondere Vorsicht solle aber gelten bei übergewichtigen Frauen, Frauen mit einer Vorgeschichte von Rhyhtmusstörungen oder bei solchen mit Einnahme anderer Medikamente, die den Herzrhythmus beeinflussen können.

Embryotox wiederum, das deutsche „Standardwerk“ zu Medikamenten in Schwangerschaft und Stillzeit, rät vom Gebrauch zur Steigerung der Milchmenge ab.

‼️ Auf jeden Fall und unter allen Umständen musst du die Anwendung von Domperidon mit deiner Frauenärztin absprechen ‼️

Fazit + Was wichtiger ist als Medikamente

Domperidon kann also bei manchen Frauen durchaus – mit oft mittelgutem Erfolg – die Milchmenge anregen. Wenn du das Gefühl hast, zu wenig Milch zu haben, kannst du deine Frauenärztin auf jeden Fall darauf ansprechen.

Nebenwirkungen können auftreten, gefürchtet sind die Herzrhythmus-Störungen, die jedoch selten sind und eher bei vorbelasteten Patientinnen auftreten sollten.

Wichtiger jedoch als alle milchfördernden Medikamente oder Lebensmitteln ist das häufige Entleeren der Brust. Eine leergetrunkene (oder leergepumpte) Brust ist für deinen Körper das Signal, das mehr Milch gemacht werden muss – denn offenbar hat da noch jemand Hunger!

Wenn du das Gefühl hast, zu wenig Milch zu haben, ist das der erste Schritt – vielleicht unmittelbar gefolgt davon, eine Stillberaterin zu kontaktieren: Das geht heutzutage sogar online 😉

Quellen

Lawrence & Lawrence, Breastfeeding – A guide for the medical profession, Elsevier, 9. Auflage 2022

Wambach, Spencer, Breastfeeding and Human Lactation, Jones & Bartlett Learning, 6. Auflage 2021

Hale – Hale’s Medications & Mother’s Milk, Springer Publishing Company, 18. Auflage, 2019

Weitere Quellen sind im Text verlinkt

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