Die Stillzeit ist eine Art Abenteuerreise, die wir frohen Mutes angehen. Eine Reise, auf der „der Weg das Ziel“ ist und deren Ende wir am Liebsten ganz weit nach hinten legen möchten – wovon uns allerdings einiges abzuhalten droht.
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Wenn du von Anfang an richtig stillen willst, ist es wichtig, dass du deinen Wanderrucksack mit möglichst hochwertigem Stillwissen füllst und bei Problemen schnell reagierst. Dass du zum Beispiel ein Blasenpflaster aufklebst, wenn der Wanderstiefel drückt, um bei der Reisemetapher zu bleiben.
In diesem Übersichtsartikel erzählen wir dir, worauf es beim Stillen wirklich ankommt. Du wirst eine Menge weiterführende Links finden, die das Gesagte vertiefen. Bist du bereit?
Los geht’s!
Warum überhaupt stillen?
Vielleicht stellt sich diese Frage für dich gar nicht, aber dass du dir die Vorteile des Stillens noch einmal vor Augen rufst, kann auch in schwierigeren Phasen helfen.
Wenn du dein Baby stillst…
- …ist das gesund für dein Baby: Die Muttermilch ist perfekt verdaulich und optimal auf seine Bedürfnisse abgestimmt. Es schützt dein Baby vor Infektionserkrankungen, späterem Übergewicht und dem plötzlichen Kindstod.
- …ist das die ideale Möglichkeit, ihm nah zu sein: An der Brust zu sein, ist für ein Baby das ultimative Gefühl der Geborgenheit. Zu nuckeln und dabei süße Milch zu trinken wirkt beruhigend und stillt nachweislich Schmerzen. Das heißt nicht, dass nicht auch nicht-gestillte Babys sind geborgen fühlen können – es ist trotzdem eine geniale Möglichkeit, für Entspannung zu sorgen.
- …hilfst du auch dir! Neben einer schnelleren Rückbildung der Gebärmutter schützt Stillen unter anderem vor Brust- und Eierstockkrebs und ist eine relativ sichere Form der Verhütung. Es ist außerdem deutlich einfacher für dich, mal eben die Brust auszupacken, statt eine künstliche Nahrung zusammenzurühren und zu erwärmen.
- … hilft das der Umwelt und spart Geld: Nicht nur musst du keinen Cent für künstliche Ersatznahrung, Muttermilchbeutel und Flaschenwärmer ausgeben, nein, du bewahrst auch noch die Umwelt vor Verpackungsmüll, Stromkosten und den Emissionen (und dem Tierleid), das die Milchindustrie verursacht.
Du siehst: Richtig stillen können hat eine Menge Vorteile – und nebenbei ist es auch einfach schön und für die meisten Frauen fühlt es sich richtig an.
Das größte Problem, das die meisten Frauen am Anfang der Stillzeit haben, ist das „Handling“ – also wie kriegt man das Kind an die Brust? Darum geht’s im nächsten Teil.
Richtig anlegen + Stillpositionen
Richtig anzulegen bedeutet, dass dein Kind korrekt an die Brust andockt, sodass es in der Lage ist genug Milch zu bekommen und gleichzeitig deine Brustwarze nicht weh tut.
Richtig anlegen in 10 Schritten
Unsere zehn wichtigsten Tipps haben wir dir in einem Artikel zum richtigen Anlegen ausführlich beschrieben, hier findest du sie zusammengefasst:
- Bereite dich vor: Schon vor dem ersten Anlegen zumindest theoretisch zu wissen, worauf es ankommt, kann helfen, häufige Fehler von vorneherein zu vermeiden.
- Lass es dir zeigen: Es sollte eigentlich Standard sein, aber oft genug musst du explizit nachfragen: Lass dir gleich beim ersten Mal von deiner Hebamme oder einer Pflegeperson auf der Wochenbettstation zeigen, wie es richtig geht.
- Sei entspannt: Leichter gesagt als getan, aber wenn du selbst möglichst entspannt bist, sorgt das nicht nur für weniger Nackenschmerzen, sondern auch für einen guten Milchspendereflex. Der versorgt dein Baby optimal mit Milch.
- Still ein entspanntes Baby: Oft waren Mamas zu lange, ehe sie ihr Kind anlegen – was dazu führt, dass die Babys schon viel zu unruhig sind, um entspannt an die Brust zu gehen.
- Die richtige Position finden: Es ist durchaus wichtig ein paar Stillpositionen zu kennen – wir erklären sie dir gleich nach diesem Abschnitt.
- Den Mund öffnen lassen: Du kannst dein Baby dazu motivieren, den Mund zu öffnen – und zwar möglichst weit – damit es viel Brustgewebe in den Mund nimmt. Dabei kann es zum Beispiel helfen, mit deiner Brustwarze um seinen Mund herumzustreichen.
- Dein Baby an die Brust holen: Viele Mamas warten auf die Mundöffnung, um dem Baby dann die Brust in den Mund zu schieben. Besser geht es, wenn du dein Kind zur Brust holst, es also im „Gesamtpaket“ zu dir heranziehst.
- Schau es an und hör ihm zu: Dein Baby ist dann richtig angelegt, wenn sein Mund etwa 160° geöffnet ist und es viel Brustgewebe im Mund hat. Idealerweise sind seine Lippen nach außen gestülpt, seine Wangen zeigen keine Grübchen. Es verliert die Brust nicht beim Trinken. Du hörst es schlucken, aber nicht schnalzen und nach einer Weile entspannt es sich, während deine Brust sich leert.
- Lös es richtig von der Brust: Am Ende einer Stillmahlzeit oder wenn das erste Anlegen nicht richtig klappt, legst du am Besten deinen Finger in den Mundwinkel um vorsichtig das Vakuum zu lösen. Es einfach von der Brust abzuziehen kann deine Brustwarze verletzen.
- Such dir Hilfe bei Problemen: Auch später in der Stillzeit können Anlegeprobleme auftreten. Vor allem, wenn sich wunde Brustwarzen abzeichnen, solltest du tätig werden.
Die richtige Stillposition finden
Einer der Tipps beim richtigen Anlegen war, auch die richtige Stillposition zu finden: Davon gibt es sehr viele, aber nicht alle sind gleich wichtig.
Die wichtigsten für den Stillstart stellen wir dir hier im Kurzportrait vor. Du kannst dir dir wichtigsten Positionen in unserem Artikel dazu anschauen, aber vielleicht interessiert dich auch unser Buch zu genau dem Thema (das sich übrigens auch wunderbar als Geschenk für eine schwangere Freundin oder zur Geburt eignet ;-))
Im Liegen stillen
Es gibt verschiedene Stillpositionen im Liegen, die wichtigste für den Stillstart ist wohl das „zurückgelehnte Stillen“, auch „laid-back nursing“ genannt.
Es handelt sich hierbei um die vielleicht natürlichste Stillposition direkt nach der Geburt. Halb sitzend, halb liegend bist du hier bei zurückgelehnt, unter dir einige Kissen oder eben die Liege im Krankenhaus.
Du musst nicht gegen die Schwerkraft ankämpfen, dein Baby ist dir sehr nahe und schafft es oft sogar von selbst, in dieser Position anzudocken.
Außer dieser natürlichen Stillposition kannst du auch gut in Seitenlage stillen, wobei dein Baby entweder Bauch an Bauch zu dir liegt oder sogar „falsch herum“ mit dem Kopf Richtung deines Bauchnabels liegen kann.
Wiegehaltung
Die Wiegehaltung ist die wohl klassischste Stillposition und findet sich am häufigsten auf alten Gemälden und modernen Fotos.
Hierbei sitzt du – am besten gestützt, damit dein Rücken nicht zu sehr leidet – und trägst dein Baby in den Armen, oft durch ein Stillkissen unterstützt. Wenn du an der rechten Seite stillst, trägst du den Kopf deines Baby in der rechten Ellenbeugeund umgekehrt.
Die Position ist nicht supereinfach, denn durch die Position deines Babys in der Ellenbeuge fehlt dir etwas das Fingerspitzengefühl, um es zur Brust zu führen.
Das Gegenstück zur Wiegehaltung ist der Kreuzgriff, bei dem du im Prinzip nur die Arme vertauschst, wodurch du aber mehr Kontrolle über den Kopf deines Babyleins hast.
Football-Haltung
Bei der Footballhaltung (manchmal auch Rückengriff genannt) liegt dein Baby seitlich von dir, meistens auf einem Stillkissen. Es kommt dann quasi von hinten an deine Brust, was sich nicht nur bei großen Brüsten, sondern auch bei etwas schwierigerem Handling eignet. Du hast eine gute Kontrolle über den Kopf deines Babys und eine gute Sicht.
Ideal geeignet ist die Position auch bei Zwillingen: Mit dem entsprechenden Zwillingsstillkissen kannst du hier gleichzeitig stillen, was schön ist und Zeit sparen kann.
Bergauf stillen
Das Bergauf-Stillen (oder Hoppe-Reiter-Position) ist am Anfang etwas schwierig (aber nicht unmöglich), weil dein Baby noch wenig eigene Körperspannung hat.
Es sitzt hierbei auf deinem Oberschenkel, die Beine abgespreizt an deiner Seite.
Die Position ist gut in besonderen Situationen geeignet, zum Beispiel bei zu viel Milch, einem starken Milchspendereflex, bei Reflux oder bei Problemen mit Reflux deines Babys.
Dies sind wie gesagt nur einige wenige Positionen – es gibt viele weitere, die du in unserem Artikel zu den Stillpositionen nachlesen kannst.
Stillwissen und die Grundlagen
Doch um richtig zu stillen solltest du nicht nur über die Positionen und das richtige Anlegen Bescheid wissen – nein, es gibt auch ein paar Grundlagen, die wir für extrem wichtig halten.
Essentielles Stillwissen sozusagen, das wir dir hier einmal ganz kurz zusammenfassen.
Stillhormone – Angebot und Nachfrage
Über das Zusammenspiel der Hormone im menschlichen Körper werden ganze Bücher geschrieben. Ein Kapitel in diesem Buch könnten die Stillhormone sein. Ein langes.
Denn die Milchbildung ist sehr komplex: Ganz viele verschiedene Hormone spielen da zusammen und ganz genau weiß man auch heute nicht, wie die Milchbildung genau funktioniert.
Aber zum Glück lässt sich eines mit Sicherheit sagen:
Beim Stillen geht es sehr viel um Angebot und Nachfrage.
Dein Baby sorgt für seine Milch
Wir wollen es nicht zu komplex machen an dieser Stelle, du sollst nur eines wissen: Dein Baby sorgt – sofern es keine Hindernisse gibt – selbst für seine Milch. Und dein Körper merkt, wenn es keine mehr haben möchte.
Das geht so:
Das Haupthormon, das für die Milchbildung sorgt, heißt Prolaktin. Es wird in der Hypophyse im Gehirn gebildet und schon in der Schwangerschaft ausgeschüttet. Da führt es (neben vielen anderen Hormonen) für die Vorbereitung der Brust auf die Stillzeit.
Nach der Geburt erfüllt es dann seine vorrangige Aufgabe, und zwar in der Brust die Milchbildung anzuregen. Und es steigt immer dann, wenn dein Baby trinkt. Vor allem dann, wenn es die Brust so richtig schön leer saugt.
Die leere Brust signalisiert nämlich der Hypophyse, dass da offenbar noch jemand Milch möchte. Und die schüttet Prolaktin aus, damit mehr Milch gebildet wird.
Trinkt dein Baby jedoch nur noch wenig Milch, wird die Hypophyse nicht mehr so stark angeregt – und schüttet nicht mehr so viel Prolaktin aus.
Das zu verstehen ist wichtig. Denn sagen wir, du fütterst zwischendurch eine Flasche zu: Dann unterbleibt der Reiz für deine Hypophase, Prolaktin auszuschütten. Deine Brust wird weniger Milch produzieren. Und wenn du das immer wieder tust, kann sich da ein Teufelskreis draus entwickeln, der zum frühen Abstillen führt.
Vormilch
Schon in der Schwangerschaft wird Muttermilch gebildet. Und zwar in Form der sogenannten Vormilch, die in der Schwangerschaft meist noch eher durchsichtig ist und dann nach der Geburt cremig orange oder gelb aussieht.
Die Vormilch…
- … enthält besonders viele Immunstoffe (für die Immunabwehr), zum Beispiel Laktoferrin, weiße Blutkörperchen, IgA
- … beinhaltet reichlich Wachstumsfaktoren
- … hat mehr Natrium und Chlorid als „reife“ Muttermilch
- … weist weniger Fett und Laktose (Milchzucker) auf als reife Milch
- … hilft durch seinen abführenden Effekt, das Mekonium (Kindspech) auszuscheiden
Manchmal kann es sinnvoll sein, die Vormilch (die man auch Kolostrum nennt) schon in der Schwangerschaft auszustreichen. Besonders dann, wenn nach der Geburt Probleme bei deinem Baby oder bei dir absehbar sind (zum Beispiel bei Schwangerschaftsdiabetes oder Kaiserschnitt).
Milchspendereflex
Der Milchspendereflex sorgt dafür, dass die Milch, die tief in der Brust von den „Laktozyten“ gebildet wird, auch tatsächlich an der Brustwarze und damit in deinem Baby ankommt.
Vereinfacht gesagt geht es so:
- Dein Baby saugt an der Brust.
- Über Nervenbahnen wird wieder die Hypophyse angeregt
- Die Hypophyse schüttet das Hormon „Oxytocin“ aus
- Das Oxytocin schwimmt durch die Blutbahn in deine Brust
- Dort regt es winzige Muskelzellen an, sich zusammenzuziehen
- Diese Muskelzellen „quetschen“ die Milchbläschen aus, in denen die Milch hergestellt wird
- Die Milch wird dadurch Richtung Brustwarze befördert
Ohne den Milchspendereflex würde das Stillen nicht funktionieren. Leider wird er durch Stress und Schmerzen gehemmt, was zu allerlei Beschwerden führen kann.
Ernährung
Die richtige Ernährung ist auch in der Stillzeit wichtig.
Ganz grob gesagt kannst du davon ausgehen, dass das, was auch in „normalen“ Zeiten für dich gesund ist, auch in der Stillzeit für dich gesund ist.
Das heißt aber nicht automatisch, dass du alles problemlos zu dir nehmen kannst – denn du musst ja auch noch an dein Baby denken.
Von blähendem bis scharfem Essen, von Ananas über Zimt – auf unserer Seite findet du zu jedem Thema die richtige Auskunft. Zur Ernährung, aber auch zu ganz vielen anderen Fragen.
Abpumpen und zufüttern
Manchmal kann zum richtigen Stillen auch das Zufüttern gehören:
- Wenn du nach der Geburt nicht richtig in den Milcheinschuss kommst
- Wenn du nach einigen Wochen wieder mehr Zeit für dich haben und die ein oder andere Flasche durch jemand anderen füttern lassen möchtest
- Wenn du von Anfang an teilstillen möchtest
- Wenn du wieder zur Arbeit zurückkehren möchtest
Und auch über das Zufüttern hinaus ist es manchmal wichtig, dass du abpumpst oder die Brust ausstreichst, zum Beispiel wenn deine Brust zu voll ist, du zu viel Milch hast oder aus anderen Gründen die Milch heraus muss, zum Beispiel im Rahmen eines Milchstaus oder beim Abstillen.
Richtig stillen heißt auch richtig abstillen
Und da alles Gute einmal ein Ende hat, gehört zum richtigen Stillen auch das richtige Abstillen: Denn egal, ob du es allmählich, schlagartig, natürlich oder zunächst mal nur nachts machen möchtest – es gibt immer möglichst schonende Wege, zum Ziel zu kommen.
Wenn Probleme aufkommen
Und natürlich musst du wissen, was du tun kannst, wenn es zu Problemen kommt.
In der Beratung machen wir immer wieder die Erfahrung, dass Frauen etwas enttäuscht davon sind, dass sich nicht jedes Problem sofort lösen lässt. Manche brauchen viel Einsatz und Willen, damit das Stillen fortan so funktioniert, wie man es sich erhofft.
Von den meisten Problemen sind wir gewöhnt, uns etwas kaufen zu können, das uns dagegen hilft – ein Staubsaugerroboter, wenn uns das Saugen nervt, ein neuer Fahrradreifen, wenn der alte geplatzt ist, ein Hörgerät, wenn wir nicht mehr so gut hören können.
Beim Stillen ist das nicht ganz so einfach, was nicht heißt, dass die Industrie es nicht versuchen würde 🙂
Produkte
Es gibt ganz hervorragende Helferlein, die dich beim Stillen unterstützen können oder anderweitig mit dem Stillen und der Muttermilch zu tun haben – und es werden immer mehr.
Ob das Silberhütchen bei wunden Brustwarzen, Brustwarzenformer bei Schlupfwarzen oder ganz andere Utensilien sind: Nicht alle davon nutzen in jeder Situation.
Für eine Übersicht haben wir dir die wichtigsten Hilfsmittel in einem Artikel zusammengefasst.
Stillberatung
Und wenn das nicht hilft, haben wir bei TeamMuttermilch unser Stillberatungs-Angebot für dich: Bei einer Online-Stillberatung (oder vor Ort, falls du in Freiburg und Umgebung wohnst) können wir deine Situation ausführlich besprechen und nach einer ganz individuellen Möglichkeit suchen, die dir hilft, eine glückliche und gesunde Stillzeit zu verbringen.
Wenn dir all die vielen Artikel, die wir zu allen möglichen Themen der Stillberatung geschrieben haben, nicht auch schon helfen 🙂