Die subakute Mastitis

AutorInnen: Anastasia Heimann, IBCLC, und Dr. Tobias Heimann, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, erstellt: 24.01.2025

Sehr starke Schmerzen, teilweise so stark, dass Säuglinge vorzeitig abgestillt werden: Ein Grund dafür könnte eine sogenannte subakute Mastitis sein. Was es damit auf sich hat und wie du damit umgehen kannst, lernst du in diesem Artikel.

Eine Mutter stillt ihren Säugling und lehnt sich dabei schmerzgeplagt zurück
Unerträgliche Schmerzen während oder nach dem Stillen? Dahinter könnte eine subakute Mastitis stecken.
Foto: Lolostock – Apex Studios / shutterstock.com

Der folgende Text besteht teilweise aus Inhalten aus unserem E-Learning für angehende Stillberaterinnen auf elearning-stillberatung.de

Was ist eine subakute Mastitis?

Bei der subakuten Mastitis (subakut = „weniger spitz“, es treten weniger Symptome auf bei der klassischen Erkrankung; Mastitis = Brustentzündung), die in den Formenkreis des „Mastitis-Spektrums“ gehört, kommt es zu teils starken, brennenden oder stechenden Schmerzen in der Brust, die ohne nach außen sichtbare Entzündungszeichen auftreten.

Grafik, die die fünf Entzündungszeichen aufzeigt: Schmerz, Rötung, Schwellung, Überwärmung, Funktionsverlust
Schmerz ist typischerweise das einzige Entzündungssymptom, das bei der subakuten Mastitis aufritt. Bei einer „echten“ Mastitis können alle Entzündungszeichen auftreten, sie geht auch oft mit einem allgemeinen Krankheitsgefühl einher.

Die Ursache dahinter liegt in einer Dysbiose der Bakterienflora, die natürlicherweise in den Milchgängen und Alveolen siedeln.

Die zugrundeliegende Dysbiose

Auf allen Körperoberflächen mit Verbindung nach „außen“ leben Bakterienkolonien unterschiedlicher Zusammensetzung – so auch in der Brust (die Verbindung nach außen kommt dabei über die Milchgangsöffnungen in der Brustwarze zustande).

Es handelt sich hierbei um ein dynamisches System, das unterschiedlichen Einflüssen unterliegt und sich von Frau zu Frau unterscheidet: Bei der einen dominiert vielleicht der eine Bakterienstamm, bei der anderen ein anderer. Dieses „Mikrobiom“ ist sehr komplex und es ist noch nicht endgültig verstanden, was ein „gesundes“ Mikrobiom ausmacht.

Funktion des Mikrobioms. Nach Ahearn-Ford, 2022

Klar ist jedoch, dass dieses Mikrobiom auch durcheinanderkommen kommen kann und sich dann nicht mehr in einem gesunden Gleichgewicht befindet. Verschiedene Ursachen können dazu führen, dass es eben zu einer „Dysbiose“ kommt, also einer gestörten Zusammensetzung der Bakterienstämme.

Überwuchern nun einzelne Keime das Milchgangssystem, kann dies zu einer Verengung führen („ductal narrowing“), was den Milchfluss stört und zu den typischen Mastitis-Symptomen führen kann (wozu auch das gehört, was wir „Milchstau“ nennen, oder im englischen am ehesten „ductal inflammation“).

Milchgänge sind immer mit Bakterien besiedelt, wie alle anderen Körperoberflächen auch. Dort haben sie immunologische Aufgaben, interferieren aber eigentlich gar nicht mit dem Milchfluss.
Vermehrt sich ein Bakterienstamm, kann dies zu verengten Milchgängen führen, durch die die Milch kaum mehr ungestört hindurchfließen kann. („ductal narrowing“)

Kommen krankmachende, toxinproduzierende Bakterien (v. a. Staphylococcus aureus) dazu, kann eine bakterielle Mastitis entstehen, die antiobitisch behandelt werden muss, damit keine Phlegmone oder Abszesse entstehen können.

Einige Bakterienarten, namentlich wohl Staphylococcus epidermidis und Viridans-Streptokokken, neigen nicht dazu, die typischen Symptome einer bakteriellen Mastitis hervorzurufen. Stattdessen produzieren diese Bakterien einen dünnen „Biofilm“ (stell dir das so vor wie eine dünne Schleimschicht), der wiederum, wenn sich diese Bakterien abnorm vermehren, stark verdickt sein kann. Dies wiederum führt ebenfalls zu einer Verengung der Milchgänge, sowie evtl. auch zu einer entzündlichen Reaktion der Wände der Milchgänge führen – ohne dass es zu nach außen sichtbaren Entzündungsreaktionen kommt. 

Nicht selten kommt es im Rahmen dieser Dysbiose und subakuten Mastitis auch zu „Milchbläschen“ auf der Brustwarze.

Diese Verengung mit lokaler, nicht nach außen sichtbarer Entzündung jedenfalls, wird heute als „subakute Mastitis“ bezeichnet – also „noch nicht ganz akute“ Mastitis, die aber extrem schmerzhaft verlaufen kann.

Spielen Pilze eine Rolle?

Lange Zeit galt die Theorie, dass dieser typische heftige, brennende, stechende Schmerz durch eine Pilzinfektion der Milchgänge ausgelöst würde – in der Regel durch Candida albicans, der viele Hautpilzinfektionen beim Menschen auslöst.

Die Idee war, dass eine Überwuchung mit Candida die Schmerzen auslöst und dass eine Behandlung mit antimykotischen Medikamenten (Medikamente, die gegen Pilze wirken) die Ursache beheben könnte.

Candida albicans

Tatsächlich haben sich nach Auffassung vieler Stillberaterinnen hier auch Erfolge gezeigt. Dies könnte jedoch einerseits auf einem Placebo-Effekt beruhen (Beratung + Therapie), andererseits vermögen antimykotische Medikamente auch durchaus Entzündungsreaktionen zu lindern (Douglas, 2021), was zwar Symptome verringern, aber nicht die Grundursache der Beschwerden beheben würde (außer Pilze wären tatsächlich ursächlich verantwortlich). 

Unstrittig ist, dass es gut gemachte Untersuchungen gibt, die zeigen, dass sich bei Stillenden mit typischen Brustschmerzen häufiger Candida albicans in der Milchkultur finden (Kaski, 2018), aber ob diese auch die Ursache für die Schmerzen – oder nur Ausdruck eines gestörten Mikrobioms – waren, ist ungeklärt. Tatsächlich mangelt es an gut gemachten Studien die hätten zeigen können, dass bei Frauen mit tiefen Brustschmerzen die Symptome mit antimykotischer Medikation dauerhaft verschwinden.

Bei der Milchkultur wird Muttermilch auf einen Nährboden aufgebracht und das Wachstum von Keimen – z. B. von Pilzen – beobachtet.

Wenn also in Milchkulturen, die manchmal durchgeführt werden, tatsächlich Candida nachgewiesen werden kann, dann kann das bedeuten:

1.      Dass das gar nichts mit der Symptomatik zu tun hat, denn auch gesunde Frauen haben manchmal Candida in der Milch.

2.      Dass dies Ausdruck der Dysbiose ist, die in den Milchgängen herrscht, aber nicht verantwortlich für die Symptome ist.

3.      Dass dies tatsächlich ursächlich für die Symptomatik ist.

Der dritte Punkt wird wie erwähnt von der Fachwelt derzeit stark angezweifelt bzw. komplett abgelehnt (Douglas, 2021; Betts, 2021), die Symptome auch von der Academy of Breastfeeding am ehesten einer subakuten Mastitis zugeordnet, mit der es jetzt weitergeht.

Therapie der subakuten Mastitis

Leider gibt es keine evidenzbelegten Therapien bei subakuter Mastitis. Sollte die Theorie zur Entstehung stimmen, könnten – so die ABM-Leitlinie #36 – Makrolidantibiotika eine Möglichkeit sein, die überschießend aktiven Bakterienstämme zu bekämpfen (und im Anschluss wohl auf eine „gesündere“ Flora zu hoffen).

Auch probiotische Therapie könnte eine Rolle spielen, am besten mit Lactobacillus salivarius und Lactobacillus fermentum.

Mastiflow biom
  • Ergänzen des Mikrobioms der Milchgänge in der Brustdrüse
  • Ergänzen und Regulieren des Mikrobioms des Verdauungstrakts von Mutter und Kind

Darüber hinaus können die generellen Tipps der Mastitis-Leitlinie hilfreich sein:

  • die Nutzung von Schmerzmitteln (am ehesten Ibuprofen, da es eine anti-entzündliche Komponente aufweist),
  • die vorsichtige Anwendung von Kälte und
  • ggf. auch von Lecithin (das die Milch „flüssiger“ machen könnte).

Allerdings kann auch schon allein die Anerkennung, dass es sich bei dem Schmerz um einen „echten“ Schmerz und nicht um etwas Eingebildetes handelt, bereits zu einer gewissen Besserung führen.

Es gibt immer mehr Hinweise darauf, dass Probiotika, also lebende Bakterienstämme, die oral eingenommen werden, das Mikrobiom der Milchgänge in der Brust verändern können.

Therapie nicht allein durchführen

Wenn du selbst starke Schmerzen im Zusammenhang mit dem Stillen hast, dann bleib damit nicht alleine: Suche Unterstützung bei deiner Hebamme, Kinderärztin, Frauenärztin oder bei einer qualifizierten Stillberaterin, am besten einer IBCLC.

Zu lange mit Schmerzen zu stillen kann nicht nur zugrundeliegende Beschwerden verstärken und zu Komplikationen führen, sondern dir auch ganz einfach die Freude am Stillen verleiden, was zum vorzeitigen Abstillen führen kann. Es ist deshalb unbedingt ratsam, dir frühzeitig Hilfe zu suchen.

Quellen

  • Douglas P. Overdiagnosis and overtreatment of nipple and breast candidiasis: A review of the relationship between diagnoses of mammary candidiasis and Candida albicans in breastfeeding women. Womens Health (Lond). 2021 Jan-Dec;17:17455065211031480. doi: 10.1177/17455065211031480. PMID: 34269140; PMCID: PMC8287641.
  • Kaski K, Kvist LJ. Deep breast pain during lactation: a case-control study in Sweden investigating the role of Candida albicans. Int Breastfeed J. 2018 Jun 7;13:21. doi: 10.1186/s13006-018-0167-8. PMID: 29977322; PMCID: PMC5992756.

Restliche Quellen im Text verlinkt.

Illustrationen: canva.com, Lizenzen liegen vor

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