Scharfes Essen in der Stillzeit

AutorInnen: Anastasia Heimann, IBCLC, und Dr. Tobias Heimann, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin.
Erstellt: 22.01.2025

Nach den Einschränkungen in der Schwangerschaft freuen sich viele Mütter nach der Geburt darauf, wieder größtenteils uneingeschränkt essen zu können – aber wie sieht das mit scharfen Nahrungsmitteln aus? Gehen die scharfen Anteile in die Muttermilch über und können dem Baby das Stillen verleiden?

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Die Antwort auf diese Frage findest du in diesem kurzen Beitrag!

Eine Frau schaut eine Chilischote skeptisch an.
Gleich vorweg: Große Sorgen musst du dir nicht machen, wenn du mal versehentlich scharf gegessen hast. Wenn du mehr wissen willst findest du die Antwort weiter unten.

Der vermeintliche Übeltäter: Capsaicin!

Du kennst es: Wenn du etwas scharfes isst, wird dir heiß im Mund, die Zunge brennt – je nachdem, wie scharf das Essen zubereitet wurde, stockt dir fast der Atem.

Verantwortlich dafür ist das Molekül „Capsaicin“. Es handelt sich dabei um ein Molekül, das in verschiedenen Paprika-Arten vorkommt und spezifische Rezeptoren in unserem Körper erregt und dadurch zu einem Hitze- oder Schärfereiz führt, der oft als schmerzhaft wahrgenommen wird. Diese Rezeptoren gibt es nicht nur im Mund: Auch die Haut kann Capsaicin spüren und reagiert wie die Mundschleimhaut mit der Freisetzung verschiedener weiterer Moleküle, die zu den teils angenehmen (z. B. Wärme), teils unangenehmen (Schärfe) Effekten führen.

Warum könnte das ein Problem beim Stillen sein?

Jeder kennt den Spruch „ein scharfes Chili brennt immer zwei Mal“, womit man meint, das Capsaicin-Moleküle auch durch den Verdauungstrakt hindurchkommen und dann am Darmausgang erneut zu einem Schärfereiz führen können (weil dort wieder Rezeptoren vorhanden sind). Und wenn das Molekül in den Darm gelangt, dann muss man auch damit rechnen, dass es in die Muttermilch gelangen könnte!

Illustration die den Weg vom Mund über den Darm zur Toilette und den fraglichen Weg über das Blut in die Muttermilch aufzeigt.
Dass das Capsaicin den Weg allen Essens geht – vom Mund über den Darm in die Toilette – ist eindeutig. Aber gelangt es auch in relevanten Mengen in das Blut und von dort in die Muttermilch?

Was sagt die Wissenschaft?

Hier fassen wir dir zusammen, was die Wissenschaft zum Thema Scharfes Essen beim Stillen zu sagen hat:

Geht Capsaicin in den Blutkreislauf über?

Ja, der scharfe Wirkstoff von Chili und Co geht ganz klar in den Blutkreislauf über, wenn man ihn beim Essen zu sich nimmt, und zwar zu 50-90%, also sehr stark (was wohl u. a. auch erklärt, warum es beim Stuhlgang zwar auch brennt, aber nicht so stark wie beim Essen). Quelle

Das heißt: Der Weg ist frei, dass das Molekül via Blutstrom im Rahmen der Milchbildung auch in die Muttermilch übergeht!

Geht der scharfe Wirkstoff auch in die Muttermilch über?

Dafür gibt es unseres Wissens leider nur indirekte Hinweise, zumindest ist uns keine Studie bekannt, die Capsaicin in der Muttermilch gemessen hätte.

Allerdings gibt es indirekte Hinweise, die zeigen, dass das scharfe Molekül durchaus auch in die Milch gelangt:

Wirkungen auf das gestillte Baby

Es ist wahrscheinlich, dass der mütterliche Konsum von scharfem Essen in der Stillzeit durchaus zu negativen Effekten beim Baby führen kann:

  • Dass bei Säuglingen unter Umständen ein durch Capsaicin ausgelöster Hautausschlag auftreten kann, scheint erwiesen Quelle
  • Unruhesymptome, z. B. durch einen Schmerzreiz im Mund durch die „scharfe“ Muttermilch sind möglich, uns sind aber keine Fälle bekannt, bei denen das nachweislich der Fall gewesen ist
  • Auch Magen-Darm-Symptome, wie Blähungen oder Bauchschmerzen, sind zwar möglich, wenn die Muttermilch Capsaicin enthält, aber auch hierfür gibt es keinen Beweis
  • Theoretisch ist es möglich, dass die scharfe Milch dazu führt, dass das Kind die Brust ablehnt, aber auch hier gilt: Uns ist keine Stillbeziehung bekannt, beim dem das der Fall gewesen ist.

Fazit

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass nichts dagegen spricht, in der Stillzeit auch scharfe Lebensmittel zu essen. Solltest du Bedenken haben, musst du ja nicht mit roher „Rachenbrenner-2000-Chili“ anfangen, sondern kannst dich an schärfere Lebensmittel herantasten. Fallen dir Symptome bei deinem Baby auf, die darauf zurückzuführen sein könnten, reduzierst du die Menge wieder.

Illustration: Narathip, Pepermpron, Vichalan, Olha Temir, kreasi design, heyrabbiticons @ Canva.com

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